Keine Chefarztbehandlung trotz Wahlleistungsvereinbarung: Krankenkasse erhält Kosten erstattet

(DAV). Krankenhaus und Ärzte müssen eine abgeschlossene Wahlleistungsvereinbarung einhalten. Das gilt besonders dann, wenn vereinbart wurde, dass ein bestimmter Arzt den Patienten operieren soll.

Darüber informiert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Die 93-jährige Patientin war gesetzlich krankenversichert. Sie hatte im Rahmen ihres Krankenhausaufenthalts eine Wahlleistungsvereinbarung vereinbart, nach der sie ein bestimmter Chefarzt operieren sollte. Die Operation, eine Koloskopie, führte jedoch ein anderer Arzt durch. Der Chefarzt fungierte als Anästhesist. Bei der OP kam es zu einem Einriss in der Rektumschleimhaut. Nach dem Eingriff entwickelte die Patientin eine Sepsis und verstarb.

Die gesetzliche Krankenkasse klagte gegen Klinik. Vor allem wollte sie ihre Kosten für die Behandlung der Patientin in Höhe von 30.000 Euro ersetzt haben. Die Koloskopie sei rechtswidrig gewesen, weil die Einwilligung der Patientin sie nicht abgedeckt habe. Nach der abgeschlossenen Wahlleistungsvereinbarung hätte der Chefarzt die Koloskopie durchführen müssen. Dieser sei auch nicht verhindert gewesen, sondern habe bei der OP als Narkosearzt mitgewirkt.

Ein anderer Arzt operiert – Einwilligung des Patienten hinfällig?

Die Krankenversicherung hatte in beiden Instanzen Erfolg. Die Behandlung war wegen fehlender Einwilligung der Patientin insgesamt rechtswidrig, entschieden die Richter (Oberlandesgericht Hamm am 15.12.207; AZ: 26 U 74/17). „Erklärt der Patient…, er wolle sich nur von einem bestimmten Arzt operieren lassen, darf ein anderer Arzt den Eingriff nicht vornehmen.“ Sei ein Eingriff durch einen bestimmten Arzt – in der Regel der Chefarzt – vereinbart, müsse der Patient rechtzeitig aufgeklärt werden und zustimmen, wenn ein anderer Arzt übernehmen solle.

Wahlleistungsvereinbarung: Gewählter Arzt muss operieren

Ein Patient schließe eine solche Wahlleistungsvereinbarung im Vertrauen auf die besonderen Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz des gewählten Arztes ab. Demzufolge müsse dieser Arzt die Kernleistung seiner Disziplin persönlich und eigenhändig gegenüber dem Patienten erbringen. Insbesondere müsse in einem solchen Fall der Chirurg grundsätzlich selbst operieren.

Krankenhaus und Ärzte argumentierten, dass der Chirurg als Wahlarzt anwesend gewesen sei und zumindest eine Supervision geleistet habe. Das konnte das Gericht jedoch nicht überzeugen. Der Chirurg sei für die Anästhesie und damit für die Überwachung von Puls, Blutdruck und Sauerstoffsättigung verantwortlich gewesen.

Er sei also mit der Überwachung der Anästhesie beschäftigt gewesen. So habe er das chirurgische Geschehen nicht wie die Operateurin beobachten und beeinflussen können. Das gelte insbesondere im Hinblick auf ein mögliches Augenblicksversagen des operierenden Arztes. Darüber hinaus wäre er als Narkosearzt während einer anästhesistischen Notfallsituation nicht in der Lage gewesen, die Koloskopie zu beeinflussen.

Es habe auch offensichtlich kein Vertretungsfall vorgelegen: Der Chefarzt, der hätte operieren müssen, sei als Anästhesist bei der OP dabei gewesen.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

 

Pressemitteilung vom 17.05.2018

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