Kein Behandlungsfehler bei Spritze durch Assistentin

Dresden/Berlin (DAV). Ein Behandlungsfehler liegt nicht allein deshalb vor, weil eine medizinisch-technische Assistentin und nicht der Arzt selbst der Patientin ein Mittel in die Vene spritzt. Ein Arzt darf Aufgaben auf sein Fachpersonal übertragen, wenn die Tätigkeit nicht zu schwierig, gefährlich oder unvorhersehbar ist. Auch wenn es im weiterem zu einer schwerwiegenden Störung des Mittelnervs kommt, bedeutet dies nicht, dass der Assistentin ein Fehler unterlaufen ist. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Dresden vom 24. Juli 2008 (AZ: 4 U 1857/07) wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt. 

Die Klägerin ließ in der Praxis eines Radiologen ihre Schilddrüse untersuchen. Zur Vorbereitung der Untersuchung spritzte ihr die leitende medizinisch-technische Radiologieassistentin ein radioaktives Mittel in die Vene. Hierbei kam es zu einer starken Blutung und einer schmerzhaften Verdickung im Ellenbogen. In der Folge trat eine als Nervenläsion bezeichnete Krankheit auf, eine schwerwiegende und schmerzhafte Störung des Mittelarmnervs. Die Klägerin meinte, die Assistentin müsse einen Fehler gemacht haben. Diese habe die Spritze überhaupt nicht setzen dürfen, da sie als Assistentin nicht über die nötige Qualifikation verfüge. Das Spritzen des radioaktiven Mittels in die Vene sei schwierig und grundsätzlich nur Ärzten gestattet. Es sei deshalb zu vermuten, dass der Assistentin ein Fehler unterlaufen sei und sie die Schlagader getroffen habe. Sie verklagte die Ärzte der Praxis auf Schadensersatz.

Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Klägerin keinerlei Zahlung verlangen könne. Es stelle keinen Behandlungsfehler dar, dass die Assistentin und nicht der Arzt das schwach radioaktive Mittel in die Vene gespritzt habe. Die Tätigkeit erfordere weder ihrer Schwierigkeit noch Gefährlichkeit nach, dass der Arzt sie selber vornehme. Dem Sachverständigen zufolge seien die Risiken mit denen einer einfachen Blutentnahme vergleichbar. Im Rahmen ihrer Ausbildung habe die Assistentin die hierfür erforderlichen Kenntnisse erworben. Ebenso ergebe sich aus der „Orientierungshilfe“ der Bundesärztekammer, dass ein Arzt das Mittel nicht selber spritzen müsse. Er genüge seinen Pflichten, wenn er überprüfe, dass die Assistentin die Technik beherrsche und er selbst lediglich in der Praxis anwesend sei.

Auch der Eintritt der Nervenstörung beweise keinen Behandlungsfehler. Zwar wird davon ausgegangen, dass der Arzt verantwortlich ist, wenn der Patient typische Schäden erleidet, die üblicherweise durch einen Behandlungsfehler entstehen. Es fehle vorliegend aber an diesem typischen Zusammenhang. Bei einer Spritze in die Vene des Ellenbogens sei es auch bei aller Sorgfalt nie auszuschließen, dass der Mittelarmnerv irritiert werde.

Pressemitteilung vom 24.03.2010

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