Erhält Apotheker auch bei fehlerhaft ausgestelltem Rezept seine Vergütung?

(DAV). Ärzte dürfen eine Rezeptur für parenterale Ernährungslösungen nicht auf mehreren Verordnungsblättern verschreiben. Der Vertragsarzt verstößt dann gegen die Vereinbarung über die Vordrucke für die ärztliche Versorgung. Hat ein Apotheker einen Vergütungsanspruch gegen die gesetzliche Krankenversicherung (GKV), wenn er dennoch die Lösung an den Patienten abgibt?

Der Vergütungsanspruch des Apothekers gegen die Krankenkasse für die von ihm abgegebene Rezeptur entfällt nicht. Über die Entscheidung des Landessozialgericht Hamburg vom 17. Februar 2022 (AZ: L 1 KR 145/19) informiert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Vergütungsanspruch des Apothekers trotz Formverstoß bei Verschreibung?

Der Apotheker gab auf ärztliche Verordnung parenterale Ernährungslösungen ab. Solche Ernährungslösungen zählen allein schon wegen der Art ihrer Verabreichung (parenteral, d.h. unter Umgehung des Magen-Darm-Traktes) zu den Arzneimitteln. Da solche Arzneimittel der Ernährung dienen, erhalten sie naturgemäß zahlreiche Bestandteile. Der Vertragsarzt hatte diese Bestandteile auf jeweils mehreren, von ihm durchnummerierten und unterschriebenen Verordnungsblättern angegeben.

Nach Abgabe der Lösungen machte der Apotheker seine Vergütung bei der GKV geltend. Weil die Rezepte nicht ordnungsgemäß ausgestellt seien, beanstandete die Krankenkasse die Versorgung. Für eine Rezeptur dürfe nur jeweils ein Vordruck verwendet werden. Die Abrechnung auf mehr als einem Vordruck erschwere die Abrechnungsprüfung und sorge für Mehraufwand.

Um sich mit dem Apotheker gütlich zu einigen, bot sie an, den Betrag um 30% zu reduzieren. Dieser lehnte den Vergleichsvorschlag ab und schlug der Beklagten seinerseits vor, den tatsächlichen Mehraufwand für das Heraussuchen und Kontrollieren der mehrfachen Rezeptblätter zu benennen und geltend zu machen. Das wiederum lehnte die GKV ab. Daraufhin erhob der Apotheker Klage.

Vergütungsanspruch des Apothekers gegen GKV

Die Klage des Apothekers war erfolgreich. Mit der Ausstellung einer Verordnung für eine Rezeptur auf mehreren Verordnungsblättern verstoße der Vertragsarzt zwar gegen die Vereinbarung über die Vordrucke für die ärztliche Versorgung. Dennoch entfalle der Vergütungsanspruch des Apothekers nicht.

Zwar dürfe grundsätzlich „nur die Vorderseite des Vordrucks“ und pro Rezeptur nur „ein Verordnungsblatt“ benutzt werden, ein Verstoß gegen diese Regelung lasse aber den Vergütungsanspruch des Apothekers nicht entfallen oder beschränke ihn. Die reine Anzahl der Verordnungsblätter sei für die Frage der „ordnungsgemäßen Verordnung“ nicht relevant.

Außerdem müsse viel abgekürzt werden, damit die ganze Verordnung auf eine Seite passe. Dies mache den erklärten Zweck der Formvorschrift, die rechnerische Überprüfung, schwieriger. Durch zu viele Abkürzungen könnte womöglich der Rezeptinhalt nicht mehr nachvollzogen werden.

Dem Apotheker allein obliege zu überprüfen, ob das Rezept trotz seiner Abkürzungen noch verständlich und damit rechnerisch überprüfbar sei. Nur in diesem Falle habe er das Arzneimittel abzugeben.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 05.10.2022

www.arge-medizinrecht.de