Zahnziehen als gefährliche Körperverletzung

(DAV). Für viele ist der Zahnarztbesuch mit gewissen Ängsten verbunden. Deshalb sucht man sich einen Zahnarzt beziehungsweise eine Zahnärztin seines Vertrauens aus. Auf den Rat will man sich auch verlassen. Was ist aber, wenn eine Zahnärztin beziehungsweise ein Zahnarzt Zähne zieht, obwohl es Behandlungsalternativen gab?

Dann macht sich der Zahnarzt der gefährlichen Körperverletzung schuldig. Eine einfache Körperverletzung scheidet aus, da die zahnärztlichen Instrumente als „gefährliche Werkzeuge“ im Sinne des Strafrechts zu werten sind.

Extraktion von Zähnen trotz Behandlungsalternativen

Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltverein (DAV) informiert über eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 16. März 2022 (AZ: 1 Ws 47/22).

Im Zeitraum von 2010 bis 2014 zog ein Zahnarzt in 33 Fällen seinen Patientinnen und Patienten Zähne, obwohl es Behandlungsalternativen gegeben hätte. Die Patienten ließen sich nur darauf ein, weil der Zahnarzt die Extraktion bestimmter Zähne als zwingend notwendig empfahl. Wären sie über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufgeklärt worden, hätten sie den Zahnerhalt bevorzugt.

Zahnarzt begeht gefährliche Körperverletzung.

Das Gericht hatte sich hauptsächlich mit der Frage zu beschäftigen, ob hier eine einfache Körperverletzung oder die Qualifizierung als gefährliche Körperverletzung vorliegt.

Das Gericht entschied, dass eine gefährliche Körperverletzung vorlag, da zahnärztliche Instrumente gefährliche Werkzeuge seien. Im Gegensatz zur früheren Abgrenzung kommt es nicht mehr darauf an, ob die „Werkzeuge“ zu Angriffs- oder Verteidigungszwecken eingesetzt werden. Es ist vielmehr danach zu fragen, ob das Werkzeug im konkreten Fall dazu geeignet ist, dem Opfer erhebliche Verletzungen beizubringen.

Dies bejahte das Gericht bei zahnärztlichen Instrumenten. Schließlich gehen durch das Zahnziehen Teile des Gebisses verloren, und es werden offene Wunden im Mund geschaffen, die schmerzhaft sind und Beschwerden verursachen. Vor allem dann, wenn wie in diesem Fall nacheinander mehrere Zähne gezogen werden.

Das Gericht betonte, dass es dann auch keine Rolle spielte, dass die verwendeten Instrumente durch einen approbierten Zahnarzt genutzt wurden.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 07.11.2022

www.arge-medizinrecht.de