Wurzelbehandlung statt Zahnziehen – Patientin muss Meinungsänderung deutlich machen

Ein Patient muss die Einwilligung zu einer Operation wirksam widerrufen, wenn er seine Meinung ändert. Die wortlose Übergabe eines entsprechend geänderten Überweisungsscheines genügt hierfür nicht, entschied das Oberlandesgericht Oldenburg am 27. Februar 2014 (AZ: 5 U 101/13,), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht der Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Die Zahnärztin hatte der Patientin empfohlen, sich zwei Backenzähne ziehen zu lassen und überwies sie hierfür an einen Kieferchirurgen. Da die Frau der Extraktion skeptisch gegenüberstand, erläuterte ihr der Arzt auch die Möglichkeit einer Wurzelspitzenresektion. Ebenso wie die Zahnärztin empfahl er aber die Extraktion der Zähne. Die Patientin erklärte sich einverstanden und vereinbarte einen OP-Termin. Bis zu dem Termin hatte sie ihre Meinung jedoch geändert und sich für die Wurzelspitzenresektion entschieden. Am Tag der Operation erschien sie in der Praxis des Arztes und übergab wortlos einen entsprechend geänderten Überweisungsschein. Ihren geänderten Behandlungswunsch teilte sie weder dem Praxispersonal noch dem Kieferchirurgen mit. Letzteren konnte sie vor der Operation auch nicht mehr persönlich sprechen. Tatsächlich zog der Arzt ihr dann die beiden Zähne – vom geänderten Überweisungsschein hatte niemand mehr Kenntnis genommen. Die Frau klagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Das Gericht wies die Klage zurück. Die Einwilligung der Frau habe am Tag der Operation weiterhin Bestand gehabt, so die Richter. Auch sei es nicht Aufgabe des Operateurs, den Fortbestand dieser Einwilligung zu prüfen. Bei einer ambulanten OP wie dieser habe der Patient die Situation bis zur Operation in der Hand. Sei er nicht mehr einverstanden, brauche er nicht zu erscheinen oder könne den Termin absagen. Nehme der Patient den Termin aber wahr, bestehe keinerlei Veranlassung, das Fortbestehen der Einwilligung zu überprüfen.

Allein die Übergabe des geänderten Überweisungsscheins reiche nicht aus, um die Einwilligung wirksam zu widerrufen. Vielmehr hätte die Frau ihren Sinneswandel gegenüber dem Arzt oder seinen Angestellten deutlich machen müssen.

Pressemitteilung vom 02.05.2014

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