Telefonische Beratung und Behandlung von Kassenpatienten verboten

(DAV). Es klingt verlockend: Ärzte beraten und behandeln am Telefon. Der Patient muss selbst nicht mehr in die Praxis. Allerdings steht der telefonischen Beratung und Behandlung von Patienten die Berufsordnung der Ärzte entgegen. Diese betont den hohen Rang der kassenärztlichen Versorgung.

In Bayern ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes ein Service von Ärzten, die Kassenpatienten telefonisch berieten und behandelten, verboten worden. Für ein solches System gebe es keine gesetzliche Grundlage. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über die Entscheidung des Sozialgerichts München vom 17. Juli 2017 (AZ: S 28 94/17 ER).

Ärzte beraten und behandeln telefonisch rund um die Uhr

Einige Ärzte haben sich zu einer GmbH und einem „Regionalen Praxisnetz Gesundheitsorganisation“ zusammengeschlossen. In Ingolstadt und in einigen Landkreisen bieten sie telefonische Beratung und Behandlung von Kassen- und Privatpatienten an.

Hiergegen ging die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) per Eilantrag vor. Sie berief sich auf ihr satzungsmäßiges Ziel, die Freiberuflichkeit zu erhalten und eine leistungsgerechte Honorierung zu erzielen – unter Wahrung des gesetzlichen Sicherstellungsauftrags. Sie verwies insbesondere auf das Verbot der ausschließlichen Fernbehandlung gemäß der Berufsordnung für die Ärzte Bayerns (§ 7 Abs. 4).

Der Internetauftritt des Angebots verspreche Patienten kompetente Hilfe und Rat bei gesundheitlichen Beschwerden. Die telefonische Beratung gebe den Patienten das sichere Gefühl, überall und jederzeit, also auch nachts oder an Feiertagen, Rat bei gesundheitlichen Beschwerden zu erhalten. Die Beratung helfe, rasch den sinnvollsten Behandlungsweg zu ermitteln. Der Service sei rund um die Uhr verfügbar. Die Ärzte hätten ein System entwickelt, in dem auf telefonischer Basis die Einteilung der Anrufer in fünf Dringlichkeitsstufen einer Behandlung erfolgt. Seit Inbetriebnahme dieses Service hätten sich bis Mitte März 2017 insgesamt 438 Nutzer mit 309 Anrufen registriert.

Die Kassenärztliche Vereinigung beantragte, den Antragsgegnern für den Fall der Aufrechterhaltung ihres Dienstes ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 250.000 Euro und ersatzweise Ordnungshaft anzudrohen.

Ärzten ist die telefonische Fernbehandlung verboten

Das Sozialgericht in München schloss sich der Auffassung der Kassenärztlichen Vereinigung an. Es verbot das System der telefonischen Behandlung von Kassenpatienten und sprach die Drohung mit Ordnungsgeld von 250.000 Euro und ersatzweise Haft für den Fall der Aufrechterhaltung ihres Dienstes aus.

Das Gericht hob den hohen Rang des Sicherstellungsauftrags der vertragsärztlichen Versorgung hervor. Demnach haben Kassenärzte eine gesetzliche Exklusivaufgabe. Daneben seien anderen Einrichtungen und Formen der ambulanten Versorgung nur in den im Gesetz vorgesehenen Fällen zugelassen. Auch der Notdienst in sprechstundenfreien Zeiten sei den kassenärztlichen Vereinigungen exklusiv zugewiesen.

Die Tätigkeit der „Akut-Ärzte“ reiche über eine bloße Beratung hinaus. Es handele sich um eine ärztliche Behandlung. Telefonisch würden bei Patienten auch Verdachts- oder Negativdiagnosen erstellt. Sobald ein Patient aufgrund der telefonischen Empfehlung auf einen Arztbesuch verzichte, sei der Tatbestand einer verbotenen ausschließlichen Fernbehandlung erfüllt.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde zum Landessozialgericht erhoben werden. Außerdem kann noch ein Hauptsacheverfahren folgen.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 08.11.2017

www.arge-medizinrecht.de