Tätigkeit des Anästhesisten als abhängige Beschäftigung

(DAV). Viele Merkmale der Arbeit eines Narkosearztes sprechen dafür, dass es sich um eine abhängige Beschäftigung handelt. Das kann dazu führen, dass ein Vertrag hinfällig ist, in dem Klinik und Arzt eine Tätigkeit auf Honorarbasis vereinbart haben.

Über eine entsprechende Entscheidung des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Januar 2018 informiert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Die Fachärztin für Anästhesie hatte mit einer Klinik einen Vertrag geschlossen. Vom 1. bis 14. Oktober 2011 sowie für zwei weitere Zeiträumen übernahm sie als Honorarvertreterin in der Abteilung für Anästhesie die Aufgaben einer Fachärztin und nahm am Bereitschaftsdienst teil. Die Medizinerin verpflichtete sich, die übertragenen Aufgaben persönlich wahrzunehmen und mit dem leitenden Arzt, dem Personal der Abteilung und den Mitarbeitern des Krankenhauses zusammenzuarbeiten. Bei der Aufgabenerfüllung sollten Rahmenbedingungen und Arbeitsorganisation der Klinik gelten. Als Honorar waren 80 Euro pro Stunde sowie 72 Euro pro Stunde Bereitschaftsdienst vorgesehen. In dem Vertrag war vereinbart, dass durch ihn kein Angestelltenverhältnis entstand.

Sozialversicherung: Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit – Angestelltenverhältnis

Die gesetzliche Rentenversicherung entschied jedoch, dass eine abhängige Beschäftigung mit der Ärztin vorliege. Dagegen klagte die Ärztin – ohne Erfolg. Das Gericht wies auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hin: Sozialrechtlich handele es sich dann um eine abhängige Beschäftigung, wenn die Tätigkeit in persönlicher Abhängigkeit erbracht werde. Das sei bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb gegeben, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert sei. Außerdem müsse er einem Weisungsrecht unterliegen, was Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung betreffe.

Narkosearzt: Wann liegt abhängige Beschäftigung vor?

Die Richter führten eine Reihe von Punkten auf, die für eine abhängige Beschäftigung sprachen, unter anderem:

  • Die Ärztin hatte sich zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet.
  • Aus der Verpflichtung, mit dem leitenden Arzt und den Mitarbeitern der Klinik zusammenzuarbeiten, ergibt sich die Eingliederung der Anästhesistin in die Betriebsorganisation der Klinik.
  • Es gab regelmäßige Absprachen und eine Zusammenarbeit mit den anderen Mitarbeitern.
  • Die Ärztin nutzte die Räumlichkeiten der Klinik und deren Betriebsmittel.
  • Die Medizinerin hatte inhaltliche Vorgaben zu beachten, die das Krankenhaus ihr in Bezug auf ihre Tätigkeit machte. Zwar erledigen Ärzte die Arbeit weitgehend in eigener Verantwortung. Es sei auch nicht entscheidend, ob und in welchem Ausmaß die Ärztin tatsächlich Weisungen erhalten hat. Ausreichend ist nämlich die rechtliche Möglichkeit dazu.
  • Sie trug kein Unternehmerrisiko. Eigenes Kapital oder eigene Arbeitsmittel setzte die Ärztin nicht ein.
  • Die Medizinerin war über einen längeren Zeitraum sehr häufig und sehr regelmäßig für das Krankenhaus tätig geworden.

Das Gericht wies außerdem darauf hin, dass die Tätigkeit eines Anästhesisten in einem OP-Saal durch das arbeitsteilige Zusammenwirken im Team geprägt sei. Das Team stelle das Krankenhaus zusammen, es stehe nicht unter der fachlichen Leitung des Anästhesisten. Daraus habe die bisherige Rechtsprechung den Schluss gezogen, dass bei der Tätigkeit eines Anästhesisten eine abhängige Beschäftigung vorliege. An dieser Einschätzung hielten auch die Richter des fest.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 17.05.2018

www.arge-medizinrecht.de