„Suizidpakt“ mit neuem Patienten: Arzt haftet nicht nach Selbstmord des Patienten

Braunschweig/Berlin (DAV). Schließt ein Arzt mit seinem neuen, ihm noch unbekannten Patienten beim der ersten Konsultation einen „Suizidpakt“, lässt das nicht den Umkehrschluss zu, dass eine akute Selbstmordgefahr bestand. So entschied Oberlandesgericht Braunschweig am 11. Februar 2008 (AZ: 1 U 2/08), wie die Arbeitgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Der Verstorbene litt unter Depressionen, die unter anderem durch Probleme am Arbeitsplatz bedingt waren. Am 11. Februar 2004 suchte er einen Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie auf. Zwei Tage darauf begab sich der Mann auf Bitten seiner Frau wiederum zu dem neuen Arzt. Im Rahmen der Konsultation schloss dieser mit seinem Patienten einen so genannten Suizidpakt. Hierbei verspricht der Patient dem Arzt in die Hand, sich bis zum nächsten Termin nichts anzutun. Einen Tag später erhängte sich der Mann in seiner Garage. Die Familie zog aus dem Suizidpakt den Schluss, dass bei ihrem Angehörigen eine akute Selbstmordgefahr bestanden habe und der Arzt falsch gehandelt habe. Sie klagte auf Schmerzensgeld und Erstattung aller zukünftigen Schäden.

Auch in der zweiten Instanz wiesen die Richter die Klage zurück. Der beklagte Arzt habe überzeugend dargelegt, dass er den Suizidpakt mit dem Patienten lediglich darum abgeschlossen habe, weil dieser ihm noch unbekannt war. Hinweise auf eine latente oder akute Selbstmordgefahr habe es nicht gegeben. So habe der Patient auf Befragen des Arztes eine Selbstmordgefährdung selbst verneint. Dementsprechend konnten die Richter auch keine Anhaltspunkte dafür entdecken, dass die Dokumentation des Arztes lückenhaft gewesen sei. Für das Anlegen eines Suizidbogen, auf dem täglich die Einschätzung des Selbstmordrisikos auf einer Skala eingetragen wird, habe vor diesem Hintergrund kein Anlass bestanden.

Pressemitteilung vom 24.03.2010

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