Muss das Stipendium eines Gastarztes versteuert werden?

(DAV). Ausländische Ärzte werden oft mit Stipendien aus dem Ausland unterstützt. Die Zahlungen sollen das Studium oder weitere Ausbildungsschritte, etwa eine Facharztausbildung in Deutschland, ermöglichen. Fraglich kann sein, ob diese Zahlungen im Rahmen von Studienbeihilfe oder Stipendien in Deutschland zu versteuern sind. Es kommt auf die Details an, so die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins.

Stipendien, die einem ausländischen Gastarzt von seinem Heimatland für eine Facharztweiterbildung in Deutschland gezahlt werden, können der Einkommensteuer unterliegen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 8. Juli 2020 (AZ: X R 6/19). Zur Unterscheidung kommt es darauf an, ob es eine Gegenleistung für die Zahlungen gibt. Dies kann eine weisungsgebundene ärztliche Tätigkeit sein.

Ausländische Gastärztin mit ausländischem Stipendium

Die Klägerin studierte zunächst Medizin in Libyen. Danach ging sie an eine deutsche Universitätsklinik für eine Weiterbildung zur Fachärztin. Dafür hatte sie einen Gastarztstatus und war einer Assistenzärztin vergleichbar tätig. Sie wurde von der Klinik vereinbarungsgemäß nicht bezahlt. Zur Deckung ihrer Lebenshaltungskosten erhielt sie aus Libyen monatliche Stipendien.

Das Finanzamt meinte, diese müssten als sonstige Einkünfte besteuert werden. Das sah das angerufene Finanzgericht in Hannover anders: Die Stipendien seien keine steuerbaren Einnahmen, urteilten die Richter und gaben der Klägerin Recht.

Gastarzt muss Zahlungen aus Stipendium versteuern

Der Bundesfinanzhof aber entschied anders. Stipendien oder Studienbeihilfen können als wiederkehrende Bezüge einkommenssteuerrelevant sein (§ 22 Nr. 1 EstG). Voraussetzung ist, dass sie keiner vorrangigen Einkunftsart (z.B. Arbeitslohn) zuzuordnen sind. Auch dürfen sie nicht freiwillig oder aufgrund einer freiwillig begründeten Rechtspflicht vom Stipendiengeber gezahlt werden.

Die Zahlungen sind dann nicht mehr freiwillig, wenn den Zahlungen eine wirtschaftliche Gegenleistung des Stipendiaten gegenübersteht. In diesem Fall waren zwar weder die Facharztweiterbildung noch die Erwartung, die Klägerin werde nach ihrer Weiterbildung als Fachärztin in Libyen tätig sein, als Gegenleistung für das Stipendium anzusehen.

Allerdings erfolgte die Facharztweiterbildung in Deutschland im Rahmen einer üblicherweise vergüteten ärztlichen Berufstätigkeit. Knüpft das Stipendium an die sich aus der Gastarzttätigkeit ergebenden Verpflichtungen an und gleicht es die fehlende Entlohnung aus, ist das Stipendium zumindest auch eine Gegenleistung für die Tätigkeit und somit zu versteuern. Dies gilt auch dann, wenn die Tätigkeit nicht dem Stipendiengeber, sondern einem Dritten (Klinik) zugutekommt. Eine Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Gastärztin weisungsgebunden als Ärztin tätig sein muss.

DAV-Medizinrechtsanwälte: Vertrag prüfen

Im Einzelfall kommt es auf die Ausgestaltung des zwischen der Universitätsklinik und dem Mediziner bestehenden Rechtsverhältnisses ebenso an wie auf die Bedingungen des Stipendiums.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 04.06.2021

www.arge-medizinrecht.de