Kostenlose Abgabe eines Schmerzgels an Apotheker erlaubt?

(DAV). Arzneimittelhersteller dürfen über Außendienstmitarbeiter Apotheker nicht mit kostenlosen Proben versorgen. Damit soll eine Beeinflussung verhindert werden. Auch sollen Apotheken kostenlose Gaben nicht weiterverschenken oder verkaufen.

Ein Arzneimittelherstellers darf aber Apothekern kostenlos je eine einzelne Verkaufsverpackung eines nicht verschreibungspflichtigen Schmerzgels mit dem Aufdruck „Zu Demonstrationszwecken“ übergeben. Dies verstößt weder gegen das Arzneimittelgesetz noch gegen das Heilmittelwerbegesetz. Es handelt sich nur um eine (erlaubte) geringwertige Zugabe. Das ist nicht geeignet, den Apotheker unsachlich zu beeinflussen. Dies entschied das Oberlandesgericht Frankfurt/M. am 10. Februar 2022 (AZ: 6 U 161/15). Ein Konkurrent hat in diesem Fall keinen Unterlassungsanspruch, erläutert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV).

Unterlassungsanspruch gegen Gratismuster für Apotheken?

Es stritten sich zwei Vertreiber von apothekenpflichtigen Arzneimitteln. Das Sortiment der Beklagten umfasst ein nicht verschreibungspflichtiges Schmerzgel mit einem Apothekenabgabepreis von 9,97 €. Dieses Arzneimittel gaben Außendienstmitarbeiter der Beklagten kostenlos an Apotheken ab. Die Verkaufsverpackungen waren dabei mit der Aufschrift „Zu Demonstrationszwecken“ gekennzeichnet. Die Klägerin sah in dieser Abgabe einen Verstoß gegen das Arzneimittelgesetz (AMG) sowie gegen das Heilmittelwerbegesetz (HWG). Sie verlangte von der Beklagten, dies zu unterlassen. 

Das Landgericht bestätigte noch einen Unterlassungsanspruch wegen unzulässiger Abgabe von Mustern eines Fertigarzneimittels an Apotheken. Auf die Revision hin hatte der BGH den EuGH zur Auslegung der § 47 Abs. 3 AMG zugrundliegenden Richtlinie angerufen. Dieser entschied, dass die Richtlinie nicht der Abgabe von Gratismustern nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheken entgegenstehe (EuGH am 11. Juni 2020; AZ: C-786/18).

Gratismuster an Apotheker zu Demonstrationszwecken erlaubt

In der daraufhin neu durchzuführenden Berufung wies das Oberlandesgericht nunmehr die Unterlassungsanträge der Klägerin zurück.

Die Abgabe des Arzneimittels zu Demonstrationszwecken verstieß gemäß der Auslegung des EuGH nicht gegen § 47 Abs. 3 AMG. Das Gericht sah auch keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 1 S. 1 HWG. Demnach es unzulässig, “Zuwendungen und sonstige Werbegaben … anzubieten oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass es sich … um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt“.

Bei dem Schmerzgel handelte es sich um eine Zuwendung von geringem Wert. Den Apotheken wurde jeweils nur ein einzelnes Exemplar zu Demonstrationsprodukts überlassen. Der Einkaufswert lag bei 5,34 € gelegen. Durch den Aufdruck „zu Demonstrationszwecken“ wurde das Produkt jedoch nicht mit dem handelsüblichen Original gleichgesetzt. Sein Wert war auch wesentlich geringer. Die überwiegend geöffnet übergebenen Packungen überschritten jedenfalls nicht die Ein-Euro-Grenze.

Keine Beeinflussung von Apothekern

Darüber hinaus habe aber auch nicht die Gefahr der Weitergabe der Packung an Apothekenkunden bestanden. Wird nur ein einzelnes Exemplar mit dem Aufdruck „Zu Demonstrationszwecken“ überlassen, dient dies erkennbar der Eigenerprobung des Apothekers bzw. seines Personals. „Eine für den Betrieb wirtschaftlich interessante Kundenbindung lässt sich so nicht aufbauen“, stellte das Oberlandesgericht fest.

Die Klägerin konnte nicht widerlegen, dass es allein darum gegangen war, “den Apothekern Konsistenz und Geruch des Produkts vorzuführen“.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 24.05.2022

www.arge-medizinrecht.de