Hohes Schmerzensgeld wegen schwerster Hirnschäden nach verschlucktem Apfel

(DAV). Bei Behandlungsfehlern steht den Betroffenen Schadensersatz und Schmerzensgeld zu. In Deutschland soll der sogenannte immaterielle Schaden mit dem Schmerzensgeld ausgeglichen werden. Anders als in den USA kommt es in der Bundesrepublik nicht zu sehr hohen Schmerzensgeldern. In den USA hat das Schmerzensgeld auch die Funktion einer Strafe. Beachtung findet jetzt eine Entscheidung mit einem Schmerzensgeld von einer Million Euro.

Bei einer Medikamentengabe kam es zu einem Behandlungsfehler. Das einjährige Kind regte sich über die Gabe derart auf, dass es sich an einem Apfel verschluckte und schwerste Hirnschäden davontrug. Das Krankenhaus, eine Krankenschwester und eine Belegärztin wurden zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von insgesamt 1.000.000 Euro nebst Zinsen verurteilt.

Weiterhin verpflichtete sie das Gericht, dem Kläger sämtliche künftigen unvorhersehbaren immateriellen sowie alle vergangenen und künftigen materiellen Schäden zu ersetzen. Ein weiterer mitbeklagter Belegarzt musste nichts zahlen, da er zum Zeitpunkt des Vorfalls nicht diensthabend war. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landgerichts Limburg vom 28. Juni 2021 (AZ: 1 O 45/15), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Behandlungsfehler – Schadensersatz und Schmerzensgeld

Der damals einjährige Kläger wurde im Jahr 2011 wegen eines Infekts stationär eingewiesen. Über einen Portzugang sollte er ein Antibiotikum erhalten. Darüber regte er sich derart auf, dass er sich an einem zuvor gegessen Stück Apfel verschluckte. Dadurch erlitt er schwerste Hirnschäden. Die Eltern verlangten für ihren Sohn neben Schadensersatz auch ein Schmerzensgeld von mindestens 500.000 Euro.

Nach der Beweisaufnahme war das Gericht davon überzeugt, dass die Krankenschwester bei der Gabe der Antibiose wusste, dass der Kläger kurz zuvor gegessen hatte. Sie hätte damit rechnen müssen, dass sich der Kläger über die Gabe des Medikamentes aufregen würde. Daher hätte sie das Medikament später verabreichen müssen. So hatte ein mögliches Verschlucken von im Mund verbliebenen Speiseresten verhindert werden können. Die nach dem Verschlucken eingeleiteten Rettungsmaßnahmen waren überdies fehlerhaft und in der durchgeführten Form sogar schädlich.

1.000.000 Euro Schmerzensgeld für Behandlungsfehler

Für die Höhe des Schmerzensgeldes stellte das Gericht maßgeblich auf die Folgen für das Kind ab. So wird der Junge nie ein auch nur näherungsweise normales Leben führe:

  • Er kann nicht sprechen, nicht laufen.
  • Spielen mit seinen Eltern, Geschwistern oder anderen Kindern, der Besuch eines Kindergartens oder einer normalen Schule, der Aufbau von regulären Sozialbeziehungen zu Gleichaltrigen sind ihm verwehrt.
  • Er kann sich kaum bewegen, nicht selbst essen oder sich waschen und pflegen.
  • Rund um die Uhr ist er auf fremde Hilfe angewiesen.
  • Seine Gefühle und Gedanken könne er nur eingeschränkt äußern.
  • Selbst Essen und Schlafen seien für ihn infolge von Schluckbeschwerden und Epilepsie mit Angstzuständen verbunden.

Daher blieb das Gericht erheblich über der vom Kläger beantragten Mindestforderung.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 09.09.2021

www.arge-medizinrecht.de