Hausarzt: Anderthalb Versorgungsaufträge möglich?

(red/dpa). Ein voller Versorgungsauftrag als Hausarzt bedeutet für den Mediziner eine Tätigkeit in Vollzeit. Kann er trotzdem einen weiteren halben Versorgungsauftrag in den Randzeiten wie Wochenende und Freitagnachmittag wahrnehmen?

Nein, entschied das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg am 7. Juni 2019 (AZ: L 24 KA 39/17).

In dem Fall, über den die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet, hatte der Facharzt für Innere Medizin zusätzlich zu seinem vollen Versorgungsauftrag im hausärztlichen Bereich einen weiteren halben beantragt.

Seine Praxis ist von Montag bis Donnerstag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr und von 14:00 bis 18:00 Uhr sowie am Freitag von 07:00 Uhr bis 12:00 Uhr geöffnet. Sie liegt 240 Kilometer entfernt vom Wohnort des Mediziners. Dort wollte er mit dem halben Versorgungsauftrag Patienten am Freitagnachmittag und Samstag versorgen.

Der Zulassungsausschuss für Ärzte für das Land Brandenburg lehnte seinen Antrag ab. Neben seinem vollen Versorgungsauftrag sei der Arzt nicht in der Lage, einen weiteren halben Versorgungsauftrag als Hausarzt zu erfüllen. Er könne kein Sprechstundenangebot zu den Zeiten, die für eine vertragsärztlich-hausärztliche Versorgung üblich seien, gewährleisten. Das zeige schon der Umstand, dass er beabsichtige, lediglich freitags und samstags Sprechstunden anzubieten. Angesichts der Entfernung zwischen beiden Praxisorten sei überdies die Einhaltung der Präsenzpflicht nicht möglich.

Der Mediziner argumentierte, dass im Planungsbereich seines Wohnorts im hausärztlichen Versorgungsbereich eine Unterversorgung drohe. Praktiziere dort ein weiterer Arzt, bedeute bereits das eine Versorgungsverbesserung. Der dort tätige Vertragsarzt habe außerdem gerade am Freitagnachmittag und Samstag keine Sprechstunde. Darüber hinaus erklärte sich der Arzt auch bereit, seinen Tätigkeitsumfang in seiner anderen Praxis zu verringern.

Seine Klage war in zweiter Instanz erfolglos. Er könne seine Patienten nicht in dem Umfang zur Verfügung stehen, die der Versorgungsauftrag vorsehe. Ebenso wenig sei es ihm möglich, Sprechstunden zu den üblichen Zeiten anzubieten. Es reiche eben nicht aus, Zeiten in den frühen Morgen- oder späten Abendstunden bzw. am Wochenende anzubieten. Die Richter verwiesen auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (Beschluss vom 16. Mai 2018; AZ: B 6 KA 69/17 B). Dort heißt es unter anderem, dass eine auf Kontinuität der Arzt-Patienten-Beziehung angelegte Tätigkeit wie die hausärztliche mit einem Sprechstundenangebot an nur einem oder zwei Tagen in der Woche kaum als qualitativ hochwertig wahrgenommen werden könne.

Die Richter wiesen außerdem auf den Zeitaufwand eines vollen Versorgungsauftrags hin. Dazu gehörten eben nicht nur die Sprechstunden, sondern ebenso Bereitschafts- und Notdienste, Verwaltung und Abrechnungen. Hausärzte seien verpflichtet, kontinuierlich eine Dienstbereitschaft für erkrankte eigene Patienten auch in den sprechstundenfreien Zeiten zu gewährleisten. Sie müssten ferner Hausbesuche machen und eine Notfallversorgung sicherstellen. Der allgemein organisierte Notfalldienst reiche dafür nicht aus.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 15.01.2020

www.arge-medizinrecht.de