Fehlendes Instrumententeil nach OP: Arzt muss operierte Patienten überprüfen

(red/dpa). Stellt ein Arzt fest, dass nach einem Tag mit mehreren Operationen ein Instrumententeil fehlt, muss er überprüfen, ob das Teil eventuell bei einer OP vergessen wurde. Unterlässt er dies, begeht er einen groben Behandlungsfehler. Rechtlich gesehen handelt es sich mindestens um gröbste Fahrlässigkeit oder auch um bedingten Vorsatz.

Über eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Oldenburg vom 24. Oktober 2018 (AZ: 5 U 102/18) informiert die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV).

Der Patient war am Knie operiert worden. Dabei hatte sich die Metallspitze eines so genannten Trokars, eines chirurgischen Punktionsinstruments, gelöst und blieb im Kniegelenk stecken. Dem Arzt fiel erst am Abend des OP-Tags auf, dass die Spitze fehlte. Er machte sich eine Notiz, für den Fall, dass sich die Spitze während der OP gelöst haben sollte. Doch weder nahm er Kontakt mit dem Patienten auf, noch untersuchte er den Mann daraufhin, als dieser zum Verbandswechsel und Fädenziehen kam. Erst als der Patient über starke Schmerzen im Knie klagte, veranlasste der Arzt eine Röntgenuntersuchung, bei der die Trokarspitze entdeckt wurde. Die Spitze wurde dann operativ entfernt.

Seitdem klagte der Mann über Schmerzen im Kniegelenk. Sein Hobby Volleyball habe er aufgeben müssen, sein anderes Hobby, Bergwandern, könne er nur noch eingeschränkt ausüben. Er forderte Schmerzensgeld.

Fehlendes Instrumententeil nach OP: Keine Überprüfung der operierten Patienten – grober Behandlungsfehler

In zweiter Instanz sprach ihm das Gericht Schmerzensgeld in Höhe von 20.000 Euro zu. Es stellte einen groben Behandlungsfehler fest: Nachdem der Arzt das Fehlen der Spitze bemerkt habe, habe er keine Untersuchung aller an diesem Tag operierten Patienten veranlasst. Dies habe zu den massiven tiefen Verletzungen des Knieknorpels des Mannes geführt. 

Der Arzt habe es für möglich gehalten, dass die Spitze im Kniegelenk verblieben sei. Deswegen habe er sich eine Notiz gemacht. Mit Sicherheit sei er sich darüber im Klaren gewesen, dass die Spitze Schäden am Knie verursachen könne. Trotzdem habe er nichts veranlasst, habe sich also „mit der etwaigen Verwirklichung dieses Risikos abgefunden“. Er habe sich die Notiz offensichtlich nur für den Fall gemacht, dass sich ein an diesem Tag operierter Patient mit Kniebeschwerden melden würde.   Das wäre jedoch nur der Fall, wenn die Trokarspitze bereits zu Verletzungen geführt hätte. Zweck der Notiz sei es auch nicht gewesen, die Operierten unabhängig von konkreten Beschwerden zu kontrollieren.  Das zeige sich daran, dass er den Patienten bei Verbandswechsel oder Fädenziehen nicht auf das Risiko angesprochen habe.  

Bei der Höhe des Schmerzensgelds berücksichtigte das Gericht insbesondere zwei Aspekte:

  • der Dauerschaden im Knie, der den erst 46 Jahre alten Mann in bei seinen sportlichen Hobbys erheblich einschränke
  • das erhebliche Verschulden des Arztes. 

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 04.02.2019

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