Faltenaufspritzen: Reicht Qualifikation als Kosmetikerin aus?

(DAV). Kosmetikstudios möchten gern Rundum-Schönheitssalons sein. Aber wie weit darf das Angebot gehen? Klar ist, dass Schönheitsoperationen untersagt sind, ebenso Botoxbehandlungen. Dafür muss der Behandler mindestens Heilpraktiker sein. Aber es gibt darüber hinaus immer neue Techniken, zum Beispiel den Hyaluron-Pen.

Mit Hilfe eines solchen Pens wird Hyaluronsäure ohne Kanüle mit hohem Druck und einer Geschwindigkeit von 800 km/h unter die Haut eingebracht. Damit kann das Lippenvolumen aufgebaut oder Falten aufgepolstert werden. Eine Kosmetikerin bot Schulungen für die Anwendung eines Hyaluron-Pens an. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts Aachen vom 2. März 2020 (AZ: 5 L 1404/19) ist dafür aber die Qualifikation als Heilpraktiker notwendig.

Aufbau von Falten und Lippen im Kosmetikstudio?

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall wurden einer Kosmetikerin Schulungen für die Anwendung eines solchen Pens untersagt. Sie betreibt ein Nagelstudio sowie ein Schulungszentrum für Nagelbehandlung und Nageldesign.

Die Städteregion Aachen vertritt die Auffassung, dass die Anwendung von Hyaluron-Pens eine Tätigkeit sei, die nur Heilpraktiker vornehmen dürfen. Das Einschießen der Hyaluronsäure setze wie die Unterspritzung mittels Kanüle medizinische Grundkenntnisse voraus.

Die Frau wollte jedoch weiter Schulungen anbieten und wandte sich im Eilverfahren an das Gericht. Sie legte dabei Studien des Pen-Herstellers vor.

Faltenbehandlung – heilpraktische Qualifikation notwendig

Ihr Antrag scheiterte. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts könnten die gesundheitlichen Risiken bei der Anwendung des Pens in einem Eilverfahren nicht geklärt werden. Schließlich könnten bei der Anwendung des Pens ähnliche gesundheitliche Risiken auftreten wie bei der klassischen Faltenunterspritzung. Schon bei der Beurteilung des Risikos für die Betroffenen könnten medizinische Kenntnisse notwendig sein, erst recht bei der Anwendung selbst.

Um dies klären zu können, sei das fachärztliches Gutachten eines Facharztes für Hauterkrankungen, für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie oder Plastisch-Ästhetische Chirurgie notwendig. Dies könne jedoch erst in einem – bislang nicht anhängig gemachten – Hauptsacheverfahren eingeholt werden.

Die vorgelegten medizinischen Stellungnahmen und Gutachten der Herstellerfirma überzeugten das Gericht nicht. Sie seien nicht hinreichend aussagekräftig, da sie unter anderem nur an wenigen Probanden und nicht auf der Gesichtshaut bzw. den Lippen durchgeführt wurden.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 15.06.2020

www.arge-medizinrecht.de