„Falscher Arzt“: Anspruch der Krankenkasse auf Rückzahlung von Krankenhausvergütung?

(DAV). Krankenkassen zahlen unter anderem für die ärztliche Behandlung ihrer Patienten. Was aber, wenn sich herausstellt, dass der Arzt gar keiner ist?

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall kündigte das Krankenhaus einem angestellten Arzt fristlos. Es hatte sich herausgestellt, dass der Mann Studienbescheinigungen, Zeugnisse, eine Promotionsurkunde und insbesondere ein „Zeugnis über die Ärztliche Prüfung“ des Landesprüfungsamtes gefälscht hatte.

Tatsächlich war er weder promoviert noch hatte er die Ärztliche Prüfung abgelegt und besaß ebenso wenig die Qualifikation eines „Facharzt für Viszeralchirurgie“. Mit der erschlichenen, aber echten Approbationsurkunde hatte er sich bei der Klinik beworben. Während der sechs Jahre, die dort arbeitete, war er an 336 operativen Eingriffen beteiligt. Der falsche Arzt wurde wegen Körperverletzung in 336 Fällen und wegen Urkundenfälschung verurteilt.

Gefälschte Approbation: Hat Krankenkasse Sachleistungsanspruch der Versicherten erfüllt?

Drei gesetzliche Krankenkassen forderten von der Klinik die Erstattung gezahlter Krankenhausvergütungen. Ein Nichtmediziner habe Krankenhausleistungen erbracht. Das habe zur Folge, dass diese nicht hätten vergütet werden dürfen, so die Krankenkassen.

Das sah das Sozialgericht Aachen anders (Entscheidung vom 6.Februar 2018; AZ: S 13 KR 262/17). Der Vergütungsanspruch des Krankenhauses setze sich aus vielen Komponenten zusammen. Die Leistung eines Arztes sei dabei nur ein Mosaikstein, der zusammen mit anderen Faktoren die jeweils abgerechnete DRG (diagnosebezogene Fallgruppe) darstelle, die entsprechend vergütet werde. Der Wegfall einer einzelnen Komponente führe also nicht dazu, dass die gesamte Vertragsgrundlage unwirksam oder sogar nichtig werde. Sofern eine Krankenhausbehandlung nicht als solche komplett vermeidbar gewesen wäre, führe etwa eine unzutreffend abgerechnete Hauptdiagnose, Nebendiagnose, Prozedur, Komplikation oder Verweildauer nicht zu einem vollständigen Verlust des Vergütungsanspruchs.

Krankenkasse: Kein Verlust des Vergütungsanspruchs

Der „falsche Arzt“ habe außerdem nicht allein, sondern mit einem „echten“ Assistenten operiert, sodass eine „ärztliche Behandlung“ vorgelegen habe. Darüber hinaus sei – jedenfalls im Verhältnis zwischen Klinik und Krankenkassen – maßgeblich, dass zu der Zeit, als er operiert habe, der Mann tatsächlich eine echte – wenn auch erschlichene – Approbationsurkunde vorweisen konnte. Er sei im Besitz einer echten Approbationsurkunde gewesen, hätte also in dieser Zeit die formelle Berechtigung gehabt, die Berufsbezeichnung „Arzt“ zu führen.

Rein tatsächlich betrachtet habe der Mann ärztliche Leistungen als approbierter Arzt erbracht. Diese hätten – soweit bekannt – weder Patienten noch Klinik und auch die Krankenkasse qualitativ nicht beanstandet.

Die Krankenkasse habe durch die Krankenhausbehandlung ihrer Versicherten einschließlich der Tätigkeiten des „falschen Arztes“ den Sachleistungsanspruch ihrer Versicherten erfüllt. Die Rücknahme der Approbation ändere nichts an dieser Tatsache.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 30.08.2018

www.arge-medizinrecht.de