Erst Unfall, dann Behandlungsfehler in Klinik – nur Klinik haftet

(DAV). Wer haftet? Und wer zu welchem Teil? Um diese Fragen geht es oft, wenn etwas passiert ist, gerade auch nach Verkehrsunfällen. Kompliziert wird es, wenn ein Unfallopfer im Krankenhaus durch einen Behandlungsfehler weiteren Schaden nimmt.

Einen solchen Fall hatte das Oberlandesgericht (OLG) Oldenburg zu entscheiden, wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet.

Hirnschaden durch Behandlungsfehler

Ein Autofahrer stieß beim Überholen auf der Landstraße mit einem Kraftrad zusammen. Das kam von der Fahrbahn ab und prallte gegen einen Baum. Der Fahrer erlitt eine beidseitige Rippenserienfraktur mit Lungenquetschung. Im Krankenhaus wurde er sediert und beatmet. Als das Beatmungsgerät eine Störung anzeigte, ergriff der hinzugerufene Oberarzt die falschen Maßnahmen. Der Patient erlitt einen schweren Hirnschaden. Er liegt seitdem im Wachkoma. Hoffnung auf Besserung besteht nicht. Die Haftpflichtversicherung des Autofahrers zahlte dem Unfallopfer einen Schadensersatz in Höhe von 275.000 Euro.

Die Versicherung klagte gegen das Krankenhaus. Sie forderte einen Betrag in Höhe von 265.000 Euro zurück. Die Klinik hafte allein für den Hirnschaden des Kraftradfahrers. Ohne den groben Fehler des Oberarztes litte dieser heute nicht mehr unter den Folgen des Unfalls. 

Die Richter in erster Instanz entschieden, dass das Krankenhaus zu 70 Prozent für den Hirnschaden des Mannes haftet. 30 Prozent müsse die Haftpflichtversicherung übernehmen, weil der Unfall und damit der Autofahrer das Unfallopfer erst in die gefährliche Beatmungssituation gebracht habe.

Das sahen die Richter des OLG anders. Das Krankenhaus musste die kompletten 265.000 Euro an den Haftpflichtversicherer zahlen. Die Klinik hafte zu 100 Prozent, weil die vom Autofahrer zu verantwortenden Verletzungen im Vergleich zu den vom Krankenhaus zu verantwortenden als gering anzusehen seien. Der so genannte Verursachungsbeitrag des Autofahrers trete völlig hinter dem des Krankenhauses zurück.

Oberlandesgericht Oldenburg am 16. Juli 2015 (AZ: 5 U 28/15)

Pressemitteilung vom 22.10.2015

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