Dürfen Apotheker Gratisproben verschreibungspflichtiger Arzneimittel erhalten?

(DAV). Hersteller von Medikamenten wollen ihre Produkte verbreiten. Zur Werbung werden kostenlose Muster an Ärzte und Apotheker gegeben. Wer viel in einer Apotheke einkauft, bekommt als Kunde oft etwas gratis dazu. Dabei stellt sich die Frage, ob die Hersteller auch Gratismuster von rezeptpflichtigen Arzneimitteln verteilen dürfen.

Die Frage die bis zum Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ging: Ist es pharmazeutischen Unternehmen erlaubt, Gratismuster von Arzneimitteln an Apotheker abzugeben?

Die Entscheidung: Apotheken dürfen keine Gratismuster von Arzneimitteln bekommen, die sonst nur auf Rezept herausgegeben werden dürfen. Die Abgabe an Ärzte ist aber gestattet. Dagegen ist es jedoch erlaubt, Gratismuster nicht verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben, so der EuGH. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über diese Entscheidung des EuGH vom 11. Juni 2020 (AZ: C-786/18).

Kostenlose Arzneimittelproben an Ärzte und Apotheker?

Das Pharmaunternehmen Novartis wollte der Konkurrenz von ratiopharm gerichtlich untersagen lassen, Gratisproben eines Schmerzgels an Apotheken zu verteilen. Es ging um das Vergleichsprodukt zum eigenen Schmerzgel Voltaren.

Nach Auffassung von Novartis verstößt eine solche Abgabe gegen das deutsche Arzneimittelgesetz. Dort seien unter den Personen, an die Gratismuster von Arzneimitteln abgegeben werden dürften, zwar Ärzte, nicht aber Apotheker genannt. Daher sei dies eine unzulässige Gewährung von Werbegaben.

Der Bundesgerichtshof wollte wissen, ob dies neben dem deutschen Arzneimittelgesetz gegen EU-Recht verstößt oder von diesem gedeckt ist. Er bat daher den EuGH um die Auslegung des Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel (Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel, ABl. 2001, L 311, 67 in der durch die Richtlinie 2004/27/EG, ABl. 2004, L 136, 34, geänderten Fassung).

Keine Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker

Der EuGH hat entschieden, dass der Gemeinschaftskodex für Humanarzneimittel es pharmazeutischen Unternehmen nicht erlaubt, Gratismuster verschreibungspflichtiger Arzneimittel an Apotheker abzugeben. Allerdings erlaubt es das EU-Recht, Gratismuster von Arzneimitteln, für die kein Rezept notwendig ist, an Apotheker abzugeben.

Verschreibungspflichte Arzneimittel dürfen nur an berechtigte Personen, also Ärzte, als Gratismuster gehen. Diese Arzneimittel dürften in Anbetracht der mit ihrem Gebrauch verbundenen Gefahr oder der hinsichtlich ihrer Wirkungen bestehenden Unsicherheit nämlich nicht ohne ärztliche Überwachung verwendet werden.

Allerdings werde den Apothekern durch den EU-Kodex nicht die Möglichkeit genommen, im Rahmen des nationalen Rechts Gratismuster von nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln zu erhalten. Sie können sich damit mit neuen Arzneimitteln vertraut machen und Erfahrungen mit deren Anwendung sammeln.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 15.02.2021

www.arge-medizinrecht.de