Darf DocMorris in Deutschland Arzneimittel über Videoterminal vertreiben?

(DAV). In Deutschland gilt das Apothekenmonopol. Aus Gründen des Verbraucherschutzes bedarf es der Apothekenerlaubnis. Es ist aber auch erlaubt, Medikamente über den Online-Versandhandel zu vertreiben. Darf daher der niederländische Apothekenversandhändler DocMorris Medikamente über Videoterminals in Deutschland in Verkehr bringen?

Dies ist zulässig. Es wäre eine Umgehung des Apothekenmonopols, da DocMorris keine deutsche Apothekenerlaubnis besitzt. Es liegt auch keine Form des erlaubten Versandhandels vor. Dies entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg am 21. Oktober 2021 (AZ: 9 S 527/20), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.

Medikamentenvertrieb über Videoterminal / DocMorris

Der niederländische Versandapotheke DocMorris bot seit 2017 in einer deutschen Gemeinde eine „pharmazeutische Videoberatung mit angegliederter Arzneimittelabgabe“ an.

In den Räumen einer ehemaligen Apotheke stand ein Videoterminal, über das die Kunden mit einem in den Niederlanden befindlichen Apotheker bzw. Pharmazeutisch-Technischen-Assistenten verbunden wurden. Dieser entschied dann nach Kontrolle des eingescannten ärztlichen Rezepts über die Ausgabe des gewünschten Medikaments durch den mit einem Medikamentenlager verbundenen Arzneimittelautomaten.

Das Regierungspräsidium untersagte nur wenige Tage später die Abgabe sowohl apothekenpflichtiger als auch verschreibungspflichtiger Arzneimittel mittels des Automaten. Das niederländische Unternehmen verstoße gegen das deutsche Arzneimittelgesetz. Es vertreibe apothekenpflichtige Arzneimittel außerhalb einer Apotheke und nicht im Rahmen seines Versandhandels.

Dagegen klagte DocMorris. Die Abgabe der Medikamente mittels Videochat sei eine Art des Versandhandels. Das Handeln sei deswegen von der niederländischen Versandhandelserlaubnis gedeckt.

An Apothekenmonopol muss sich auch DocMorris halten

Die Klage scheiterte in zwei Instanzen.

Die Gerichte stellten fest, dass die von der Klägerin angebotene Videoberatung mit anschließender Arzneimittelausgabe gegen die im Arzneimittelgesetz (§ 43 AMG) normierte Apothekenpflicht verstieß.

Die Klägerin besaß keine deutsche Apothekenerlaubnis. Arzneimittel dürfen aber nur in einer Apotheke oder im Wege des zulässigen Versandes in Verkehr gebracht werden. Durch das Terminal in den Geschäftsräumen erweckte DocMorris aber den Eindruck, eine Apotheke zu betreiben. Durch die Einschaltung des „Videoberaters“ und des ferngesteuerten Ausgabeautomaten erfolgte die Abgabe wie in einer Apotheke, nur in einer technisch modifizierten Form.

Der Verkauf war aber auch keine Form des erlaubten Versandhandels. Bei einem Versandhandel ist die Beförderung bzw. der Transport unmittelbar an den Kunden notwendig. In dem Fall erfolgte der Versand der Arzneimittel aus den Geschäftsräumen der Klägerin in den Niederlanden an die Geschäftsräume in der deutschen Gemeinde und nicht unmittelbar an den Endverbraucher, sondern diente lediglich der Vorratshaltung.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 16.12.2021

www.arge-medizinrecht.de