Arzthaftung: Über was muss ein Arzt einen Patienten aufklären?

(red/dpa). Eine Arzthaftung kommt nicht allein bei einem Behandlungsfehler in Betracht. Möglich ist auch, dass er seiner Aufklärungspflicht gegenüber dem Patienten nicht nachgekommen ist. In wie weit muss der Arzt einen Patienten über Behandlungsalternativen aufklären?

Grundsätzlich ist die Aufklärungspflicht eines Arztes weit zu verstehen. Zwar hat auch der Bundesgerichtshof entschieden, dass die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes ist – aber nur wenn diese dem medizinischen Standard entspricht. Zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ist allerdings eine Aufklärung über alternative Behandlungsmöglichkeiten notwendig. Dazu gehört auch, dass der Arzt einen Patienten über eine Behandlung aufklärt, die lediglich „zweite Wahl“ ist. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert in diesem Zusammenhang über ein Urteil des Kammergerichts Berlin vom 13. März 2017 (AZ: 20 U 238/15).

Aufklärungspflicht des Arztes: Wie weit geht sie?

Die Patientin litt seit einiger Zeit unter Herzrasen. Der Arzt führte eine Herzkatheteruntersuchung und eine Radiofrequenztherapie durch. Es kam zu Komplikationen, so dass der Patientin ein Herzschrittmacher eingesetzt werden musste.

Die Patientin klagte gegen den Arzt. Der Mediziner habe ihr gegenüber die Maßnahmen als „bloße Routine“ dargestellt. Mögliche Komplikationen seien nicht kommuniziert worden. Auch habe der Mediziner sie nicht über die Alternative einer konservativen medikamentösen Behandlung aufgeklärt.

Nachdem das Landgericht die Klage noch abgewiesen hatte, bekam die Patientin vor dem Kammergericht teilweise Recht.

Verstoß gegen Aufklärungspflicht: Arztes muss Schmerzensgeld zahlen

Das Kammergericht sprach der Patientin ein Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro zu. Nach Auffassung des Gerichts lag zwar kein Behandlungsfehler vor, jedoch hatte der Arzt die Patientin nicht ordnungsgemäß aufgeklärt.

Ein Sachverständiger hatte festgestellt, dass die Katheterbehandlung „erste Wahl“ sei und auch die Ursache der Erkrankung bekämpfe. Die medikamentöse Behandlung dagegen sei lediglich die Behandlung der „zweiten Wahl“, da sie nur die Symptome des Herzrasens bekämpfe.

Das Gericht widmete sich ausdrücklich der Frage, ob der Arzt seinen Patienten bei einer Behandlung nur über gleichwertige Behandlungsalternativen aufklären muss. Die Richter verneinten das. Das gelte vor allem dann, wenn die Behandlungsalternativen zu jeweils unterschiedlichen Belastungen des Patienten führten und wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bestünden. Die übliche Behandlung mit dem Katheter sei wesentlich riskanter als die Behandlung der Symptome mit Medikamenten. Daher hätte der Arzt darüber aufklären müssen. Es wäre Sache der Patientin gewesen, darüber zu entscheiden, ob sie es zunächst nur mit Medikamenten versuchen wolle. Diese Wahlmöglichkeit sei ihr aber durch die mangelnde Aufklärung abgeschnitten worden.

Der Arzt muss der Patientin nicht nur das Schmerzensgeld zahlen, sondern auch für sämtliche zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden haften, die als Folge der rechtswidrig durchgeführten Herzkatheteruntersuchung entstehen werden.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 17.05.2018

www.arge-medizinrecht.de