Arzt: Keine große Mengen Betäubungsmittel an Suchtkranken

(DAV). Ein Arzt darf seinen Patienten nicht ‚einfach so’ Rezepte ausstellen. Geht er nicht sorgsam damit um, droht sogar der Verlust seiner Zulassung. Ein Arzt muss sich immer „eines Arztes würdig“ verhalten. Wann ist die Grenze überschritten?

Sie ist dann überschritten, wenn er einem abhängigen Patienten ohne ausreichende Überwachung einen Medikamentenvorrat verschreibt. Dann kann ihm auch seine Zulassung entzogen werden. Dies entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert.

Betäubungsmittel an Suchtpatienten

Der Arzt arbeitete schon viele Jahre als niedergelassener Arzt. Einem Patienten verschrieb er innerhalb von fünf Tagen 900 Tabletten eines unter das Betäubungsmittelrecht fallenden Medikaments. Der Patient, den der Arzt bereits seit langem behandelte, war seit Jahren von verschiedenen Betäubungsmitteln abhängig, unter anderem von Kokain und Heroin, aber auch von dem Wirkstoff des verschriebenen Medikaments. Ein Entzugsversuch in einer Einrichtung war erfolglos. Der Patient konsumierte das verschriebene Medikament als so genannten Beigebrauch zu Heroin. Dabei fiel er in eine stundenlange Ohnmacht.

Gegen den Arzt wurde strafrechtlich ermittelt. Das Strafverfahren wurde eingestellt. Der Niedersächsische Zweckverband zur Approbationserteilung (NiZzA) widerrief die Approbation des Mannes. Er habe sich als unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes erwiesen.

Verlust der Zulassung als Arzt rechtmäßig

Die dagegen erhobene Klage des Arztes hatte in zwei Instanzen keinen Erfolg.

Nach Auffassung des Oberverwaltungsgerichts ist der Widerruf der Approbation rechtmäßig. Aufgrund seines Fehlverhaltens sei der Mann unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufs, so das Gericht in Lüneburg. Durch die Verschreibung habe er seinen Patienten in die Gefahr ernsthafter Gesundheitsschäden gebracht.

Ein Arzt dürfe nicht einen derart großen Medikamentenvorrat verschreiben. Auch nicht, wenn er dem Patienten damit einen über mehrere Monate dauernden eigenverantwortlichen Entzugsversuch im Ausland ermöglichen wolle. Das Gericht störte sich dran, dass so keine ärztliche Überwachung des Entzugs gewährleistet wäre. Außerdem habe aufgrund des gleichzeitigen Konsums von Heroin die naheliegende Gefahr bestanden, dass es durch Wirkungsverstärkungen zu lebensbedrohlichen Zuständen komme. Nach der ihm bekannten „Drogengeschichte“ seines Patienten hätte sich der Arzt vergewissern müssen, dass ein Beigebrauch von Drogen nicht vorliege. Daneben habe er wesentliche Bestimmungen des Betäubungsmittelrechts nicht beachtet.

Niedersächsisches Oberverwaltungsgericht am 11. Mai 2015 (AZ: 8 LC 123/14)

Pressemitteilung vom 22.10.2015

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