Anspruch gegen Krankenkasse: Cannabis statt neuer Hodenprothese?

(DAV). Cannabis ist bei einer Schmerztherapie und anderen chronischen Erkrankungen als Medikament anerkannt. Oft übernimmt die Krankenkasse die Kosten der Behandlung mit Cannabis. Sie kann die Übernahme der Kosten aber ablehnen, wenn es Behandlungsalternativen gibt.

Dies zeigt ein Fall, bei dem sich eine weitere, nachhaltige Behandlung der Schmerzursachen anbot. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen vom 7. Juni 2021 (AZ: L 16 KR 163/21 B ER).

Verschreibung von Cannabis bei Rückenschmerzen?

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall hatte ein 42-Jähriger chronische Rückenschmerzen. Nach einer Krebsoperation im Jahre 2013 kamen weitere Beschwerden hinzu, die durch eine zu große Hodenprothese ausgelöst wurden.

Nachdem der Mann verschiedene Medikamente ausprobierte hatte, ließ er sich zunächst Cannabisblüten auf Privatrezept verordnen. Dies konnte er sich jedoch nicht dauerhaft leisten. Er beantragte bei seiner Krankenkasse die Kostenübernahme. Andere Medikamente hätten nicht den gewünschten Effekt.

Die Krankenkasse lehnte den Antrag ab. Der Mann leide an keiner schweren Erkrankung und habe andere therapeutische Maßnahmen bisher nicht ausgeschöpft. Rückenschmerzen könnten durch eine Reha behandelt werden und wenn die Hodenprothese zu groß sei, könne eine kleinere implantiert werden.

Bei Gericht stellte der Mann einen Eilantrag. Herkömmliche Schmerzmittel würden nicht helfen, so dass er nun dringend Cannabis benötige. Einen Austausch der Prothese lehnte er aus Sorge vor Impotenz ab.

Krankenkasse darf auf nachhaltige Behandlung verweisen

Das Landessozialgericht wies den Eilantrag ab.

Zunächst lag kein dringendes medizinisches Akutgeschehen vor, das eine vorgezogene Entscheidung rechtfertigte. Auch hatte er ein zu großes Hodenimplantat über sechs Jahre lang nicht austauschen lassen. Seinen Widerspruch bei der Kasse hatte er auch nur zögerlich begründet. Deshalb konnte er sich bei Gericht nicht auf Eilbedürftigkeit berufen.

Außerdem war es nicht ersichtlich, dass Rückenschmerzen und eine beschwerdeträchtige Hodenprothese allein durch Cannabis behandelt werden müssten.

Quelle: www.dav-medizinrecht.de

Pressemitteilung vom 25.07.2022

www.arge-medizinrecht.de