Ärztliche Aufklärungsformulare unterliegen nur eingeschränkt der AGB-Kontrolle
Ein Augenärzte-Verband empfiehlt seinen Mitgliedern die Verwendung eines Patienteninformationsblatts, in dem Patienten zunächst darüber aufgeklärt werden, dass ab einem Alter von 40 Jahren die Gefahr der Entwicklung eines Glaukoms (sog. Grüner Star) besteht. Deshalb werde eine – von der GKV nicht bezahlte – Früherkennungsuntersuchung angeraten.
Ein Verbraucherschutzverband war der Auffassung, bei der Erklärung, diese Patienteninformation gelesen und darüber aufgeklärt worden zu sein, dass die Früherkennungsuntersuchung ärztlich geboten sei, handele es sich um eine nach § 309 Nr. 12 Hs. 1 Buchst. b BGB unzulässige Tatsachenbestätigung. Er hat vor dem LG erfolgreich beantragt, den Augenärzte-Verband zur Unterlassung zu verurteilen. Im Berufungsverfahren wurde die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte keinen Erfolg.
Eine Unwirksamkeit der angegriffenen Klausel gemäß § 307 Abs. 1 und 2, § 308 oder § 309 BGB wurde nicht bestätigt. Der BGH wies darauf hin, dass für die ärztliche Aufklärung eigenständige Regeln gelten, die auch das Beweisregime erfassen. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für den Inhalt der Patienten-Aufklärung stelle ein dem Patienten zur Verfügung gestelltes oder von diesem unterzeichnetes Aufklärungs- oder Einwilligungsformular dar. Dem Umstand, dass es sich um formularmäßige Mitteilungen, Merkblätter oder ähnliche allgemein gefasste Erklärungen handele, hat der BGH dabei keine Bedeutung beigemessen. Vielmehr wies er auf die Vorteile vorformulierter Informationen für den Patienten hin, denen selbst dann Beweiswert beizumessen sei, wenn sie nicht unterschrieben sind. An diese Grundsätze habe der Gesetzgeber bei der Schaffung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten angeknüpft.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.09.2021 – III ZR 63/20
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Zur Bedeutung der Verwendung aktueller Praxis-Software
In § 630c Abs. 2 S. 1 BGB sind die Grundsätze zur therapeutischen Aufklärung bzw. Sicherungsaufklärung kodifiziert worden. Diese Grundsätze gelten inhaltlich unverändert fort; neu ist lediglich die Bezeichnung als Informationspflicht.
Der Umfang der Dokumentationspflicht ergibt sich aus § 630f Abs. 2 BGB. Eine Dokumentation, die aus medizinischer Sicht nicht erforderlich ist, ist auch aus Rechtsgründen nicht geboten.
Einer elektronischen Dokumentation, die nachträgliche Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 S. 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht, kommt keine positive Indizwirkung dahingehend zu, dass die dokumentierte Maßnahme von dem Behandelnden tatsächlich getroffen worden ist.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.04.2021 – VI ZR 84/19
https://is.gd/PDP7br
Zum Entscheidungskonflikt des Patienten nach erhobenem Einwand der hypothetischen Einwilligung
Bei einer Arthrose des Fingergrundgelenks kann eine Arthrodese gegenüber der Implantation einer Fingergrundgelenksprothese eine echte Behandlungsalternative darstellen, über die der Patient aufzuklären ist. Im vertraulichen Arzt-Patienten-Gespräch muss erörtert und geklärt werden, welche mit den verschiedenen Operationsverfahren verbundenen Vor- und Nachteile für den Patienten in seiner konkreten Situation von Bedeutung sind.
Die Behauptungs- und Beweislast dafür, dass sich der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung zu der tatsächlich durchgeführten Behandlung entschlossen hätte, trifft nicht den Patienten, sondern den Arzt. Der Arzt ist jedoch erst dann beweisbelastet, wenn der Patient zur Überzeugung des Gerichts plausibel macht, dass er - wären ihm die unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten aufgezeigt worden - vor einem echten Entscheidungskonflikt gestanden hätte.
Oberlandesgericht Köln, Urteil vom 28.04.2021 – 5 U 151/18
https://is.gd/KwN6qx
Zur Aufklärung bei Neulandmethode und zur Substantiierung begründenden Vortrags
Bei der Anwendung einer (noch) nicht allgemein anerkannten medizinischen Behandlungsmethode sind zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten erhöhte Anforderungen an dessen Aufklärung zu stellen. Dem Patienten müssen nicht nur das Für und Wider dieser Methode erläutert werden, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff nicht oder noch nicht medizinischer Standard ist. Eine Neulandmethode darf nur dann am Patienten angewandt werden, wenn diesem zuvor unmissverständlich verdeutlicht wurde, dass die neue Methode die Möglichkeit unbekannter Risiken birgt.
Gedankliche Voraussetzung der hypothetischen Einwilligung ist die Hypothese einer ordnungsgemäßen, insbesondere auch vollständigen Aufklärung. Diese Hypothese ist auch der Beurteilung der Frage zugrunde zu legen, ob der Patient einen Entscheidungskonflikt plausibel gemacht hat. Der Tatrichter hat dem Patienten vor seiner (zur Feststellung der Frage, ob dieser in einen Entscheidungskonflikt geraten wäre, grundsätzlich erforderlichen) Anhörung mitzuteilen, welche Aufklärung ihm vor dem maßgeblichen Eingriff richtigerweise hätte zuteilwerden müssen.
Ein Sachvortrag zur Begründung eines Anspruchs ist bereits dann schlüssig und erheblich, wenn die Partei Tatsachen vorträgt, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet und erforderlich sind, das geltend gemachte Recht als in der Person der Partei entstanden erscheinen zu lassen. Die Angabe näherer Einzelheiten ist nicht erforderlich, soweit diese für die Rechtsfolgen nicht von Bedeutung sind. Das Gericht muss nur in die Lage versetzt werden, aufgrund des tatsächlichen Vorbringens der Partei zu entscheiden, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für das Bestehen des geltend gemachten Rechts vorliegen. Diese Grundsätze gelten insbesondere dann, wenn die Partei keine unmittelbare Kenntnis von den ihrer Behauptung zugrundeliegenden Vorgängen hat.
Eine Partei darf auch von ihr nur vermutete Tatsachen als Behauptung in einen Rechtsstreit einführen, wenn sie mangels entsprechender Erkenntnisquellen oder Sachkunde keine sichere Kenntnis von entscheidungserheblichen Einzeltatsachen hat. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Behauptung innere Tatsachen einer anderen Person betrifft. Unbeachtlich ist der auf Vermutungen gestützte Sachvortrag einer Partei erst dann, wenn die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen "aufs Geratewohl" oder "ins Blaue hinein" aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist allerdings Zurückhaltung geboten. In der Regel wird sie nur bei Fehlen jeglicher tatsächlicher Anhaltspunkte vorliegen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.05.2021 – VI ZR 401/19
https://is.gd/UH8EpP
Zur Honorar-Neufestlegung durch Schätzung bei grober Abrechnungs-Fahrlässigkeit
Die Aufhebung eines Honorarbescheids wegen nicht oder nicht in der erforderlichen Weise erbrachter vertragsärztlicher Leistungen hat zur Folge, dass das Honorar insgesamt neu festgesetzt werden kann. Die KV darf dabei den Umfang der Unrichtigkeit schätzen, wenn der Vertragsarzt grob fahrlässig gehandelt hat. Sie ist an der Neufestsetzung nicht dadurch gehindert, dass sie die gleiche Verhaltensweise in späteren Quartalen nicht ahndet.
Die Abrechnung der GOP 10, 11 und 17 EBM-Ä erfordert eine Zeitvorgabe von mindestens 15 Minuten. Hat sich der Vertragsarzt damit nicht vertraut gemacht und infolgedessen grob fahrlässig falsch abgerechnet, so ist die KV nach § 106d SGB 5 zur Schätzung des festzusetzenden Honorars berechtigt. Setzt sie das geschuldete Honorar in der Höhe des Durchschnitts der Fachgruppe fest, ist das ausgeübte Schätzungsermessen in der Regel nicht zu beanstanden.
Ein Vertragsarzt, der grob fahrlässig Falschabrechnungen zu verantworten hat, kann eine möglichst genaue Alternativberechnung nicht beanspruchen. Er muss sich als Folge seines gravierenden Fehlverhaltens auf eine mehr oder weniger grobe Schätzung verweisen lassen.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22.12.2020 – L 7 KA 10/20 WA
https://is.gd/UNNSz5
Kein Nachweis für unaufgeforderte Sanitätshaus-Empfehlung
Ärztinnen und Ärzte dürfen Produkte oder Geschäfte nur empfehlen, wenn Patienten explizit danach fragen. Lässt sich nicht aufklären, ob ein Arzt einem Patienten ein Sanitätshaus ohne Nachfrage empfohlen hat, ist eine gegen ihn erhobene Unterlassungsklage abzuweisen.
Landgericht Köln, Urteil vom 04.05.2021 – 33 O 23/20
https://is.gd/6qkdVy
Werbung mit Vorher-Nachher-Abbildungen für Nasenkorrektur durch Unterspritzung
Die Unterspritzung unter die Haut stellt einen instrumentellen Eingriff am Körper eines Menschen und damit einen operativen plastisch-chirurgischen Eingriff im Sinne des § 11 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 HWG dar. Es ist daher unzulässig, für eine solche Behandlung mit Vorher-Nachher-Abbildungen zu werben.
Landgericht Frankfurt a.M., Urteil vom 03.08.2021 – 06 O 16/21
- offenbar bisher nicht veröffentlicht -
Auslobung eines E-Bikes für RezepteinlöserInnen unzulässig
Die Durchführung und Bewerbung eines Gewinnspiels durch eine niederländische Versandapotheke, bei dem unter allen EinlöserInnen eines Rezepts als Hauptpreis ein E-Bike im Wert von etwa 2.500 € verlost werden soll, ist wegen eines Verstoßes gegen das Zuwendungsverbot des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) unzulässig. Durch die nationale Beschränkung werden die europarechtlich garantierten Grundfreiheiten (wie etwa die Warenverkehrsfreiheit) nicht unzulässig eingeschränkt, da deutsche Apotheken im gleichen Maße wie ausländische Versender vom Gewinnspielverbot betroffen sind.
Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 15.07.2021 – C-190/20
https://is.gd/iu6Pvq
Zu den Voraussetzungen eines Auskunftsanspruchs nach § 84a Abs. 1 S. 1 AMG
Besteht eine 97%-ige Wahrscheinlichkeit, dass ein mit einem möglicherweise Krebs verursachenden Stoff verunreinigtes Medikament eingenommen wurde, kann der später an Krebs Erkrankte von dem Hersteller des Arzneimittels Auskunft verlangen. Die Herstellerin von Valsartan AzB wurde zur Auskunft über alle Wirkungen des Medikaments, die bei der Bewertung schädlicher Folgen von Bedeutung sein können, verurteilt.
Im Berufungsverfahren wurde die Beklagte zur Auskunft über ihr bekannte Wirkungen und Erkenntnisse verurteilt, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen von Valsartan von Bedeutung sein können, soweit diese unter anderem Krebserkrankungen betreffen. Die Klägerin habe nachgewiesen, das in Rede stehende Medikament eingenommen zu haben, so das OLG. Es lägen auch Tatsachen vor, welche die Annahme begründeten, dass das Arzneimittel den geltend gemachten Schaden verursacht habe. Eine derartige „begründete Annahme“ sei jedenfalls dann zu bejahen, „wenn mehr für eine Verursachung der Rechtsgutsverletzung durch das Arzneimittel spricht als dagegen“.
Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 19.08.2021 – 26 U 62/19
https://is.gd/0Bsil6
Zur Fahrtkostenübernahme gesetzlich Versicherter durch die Krankenkasse
Für die Übernahme von Fahrkosten des Versicherten durch dessen Krankenkasse ist nach § 60 Abs. 1 S. 1 SGB V erforderlich, dass der Transport aus zwingenden medizinischen Gründen notwendig ist. Welches Fahrzeug benutzt werden kann, richtet sich nach der medizinischen Notwendigkeit im Einzelfall.
Nimmt ein Versicherter ohne zwingenden Grund eine(n) andere(n) als einen der nächsterreichbaren an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden LeistungserbringerIn in Anspruch, so hat er nach § 76 Abs. 2 SGB V die Mehrkosten selbst zu tragen.
Spezielle Kenntnisse oder Fähigkeiten eines Arztes rechtfertigen erst dann die Inanspruchnahme eines weiter entfernten Arztes, wenn sie sich in einem besonderen, vom räumlich nächsterreichbaren Arzt nicht oder nicht ausreichend vorgehaltenen Leistungsangebot niederschlagen, das nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse Teil einer zweckmäßigen medizinischen Behandlung der betreffenden Krankheit ist.
Sozialgericht Neuruppin, Gerichtsbescheid vom 19.03.2021 – S 20 KR 125/19
https://is.gd/yGDfTA
GKV muss nur in besonderen Ausnahmefällen für Zahnimplantate zahlen
Eine gesetzlich versicherte Patientin hat nur dann Anspruch auf Erstattung der Kosten für selbst beschaffte Zahnimplantate, wenn eine medizinische Gesamtbehandlung im Sinne eines über die bloße Wiederherstellung der Kaufunktion hinausgehenden Behandlungsziels vorliegt – nicht dagegen, wenn die implantologischen Leistungen beispielsweise ausschließlich zur Sanierung des Restgebisses im Oberkiefer erfolgten.
Es verstößt nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass Versicherte nur bei einer aus human- und zahnmedizinischen Bestandteilen bestehenden Gesamtbehandlung in der GKV Anspruch auf implantologische Leistungen haben. Der Gesetzgeber kann aufgrund seiner im Krankenversicherungsrecht bestehenden Einschätzungsprärogative willkürfrei implantologische Leistungen auf Versicherte beschränken, die im Gesichtsbereich in besonders schweren Fällen humanmedizinischen (vornehmlich rekonstruktiven) Behandlungsbedarf haben.
Bundessozialgericht, Urteil vom 16.08.2021 – B 1 KR 8/21 R
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Keine Klinik-Vergütung bei ambulanter Notfallbehandlung
Ein Krankenhaus hat für die zugunsten einer Versicherten erbrachten Leistungen keinen Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse, wenn die Versicherte dort nicht stationär behandelt wurde. Eine ambulante Notfallbehandlung ist im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung abzurechnen.
Die stationäre Behandlung unterscheidet sich von der ambulanten Behandlung durch die Aufnahme in das Krankenhaus. Dabei handelt es sich um die physische und organisatorische Eingliederung des Patienten in das spezifische Versorgungssystem der Klinik. Diese Eingliederung erfolgt durch die Aufnahmeentscheidung des Krankenhausarztes auf der Basis eines entsprechenden Behandlungsplans. Geht der Aufnahmeentscheidung eine Aufnahmeuntersuchung voraus, dient diese der Klärung, ob eine (voll-)stationäre Behandlung erforderlich und vom Versorgungsauftrag des Krankenhauses umfasst ist. Entscheidet sich das Krankenhaus nach der Aufnahmeuntersuchung für eine Verweisung des Versicherten an eine andere Einrichtung oder in die ambulante Weiterbehandlung, liegt keine stationäre Behandlung vor. Dies gilt auch in Fällen, in denen Versicherte als Notfall eingeliefert werden.
Auch die Intubation und künstliche Beatmung im Schockraum begründeten keine vollstationäre Behandlung. Die Behandlung dort ist regelmäßig Teil der Notfallbehandlung und der Aufnahme des Patienten in die vollstationäre Versorgung vorgeschaltet.
Bundessozialgericht, Urteil vom 18.05.2021 – B 1 KR 11/20 R
https://is.gd/eTnwwy
Zur Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit als Zahnarzt im Notfalldienst
Die Einteilung eines Zahnarztes, der nicht (mehr) zur vertragszahnärzlichen Versorgung zugelassen ist und auch nicht (mehr) über eine eigene Praxis verfügt, zum zahnärztlichen Notdienst durch die KZV erfolgt durch einen mitwirkungsbedürftigen Verwaltungsakt. ZahnärztInnen, die auf der Grundlage eines solchen Verwaltungsakts für die Dauer des Notdienstes an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmen, sind weder in einen fremden Betrieb eingegliedert noch unterliegen sie Weisungen. Dies gilt auch dann, wenn der Notdienst in einem eigens hierzu von der KZV eingerichteten Notfalldienstzentrum wahrgenommen wird.
Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 20.07.2021 – L 11 BA 3136/20
https://is.gd/8NczsW
BetreuerIn darf Einwilligung zum Schrittmacher-Batteriewechsel nicht versagen
Die fehlende Einwilligung eines Bevollmächtigten/Betreuers bezüglich eines ärztlichen Eingriffs zum Wechsel der Batterie eines Herzschrittmachers ist in der Regel durch gerichtlichen Beschluss zu ersetzen, wenn nicht eine ausdrücklich erklärte Willensbekundung des Betroffenen dem entgegen steht (§ 1901a und § 1904 BGB).
Amtsgericht Brandenburg, Beschluss vom 09.08.2021 – 85 XVII 110/21
https://is.gd/fAOR5k
Überlange Kündigungsfrist ist unwirksam
Eine Vertragsklausel, wonach das zum Zwecke der Weiterbildung abgeschlossene Arbeitsverhältnis eines in der Weiterbildung zum Facharzt befindlichen approbierten Arztes nach Ablauf der Probezeit erst 42 Monate nach Beginn des Arbeitsverhältnisses ordentlich gekündigt werden kann, benachteiligt den Arzt entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen und ist daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB unwirksam. Die fragliche Vertragsklausel beschränkt den weiterzubildenden Arzt erheblich in seiner beruflichen Bewegungsfreiheit. Hinzu kommt, dass sie den Arzt auch in seinen familiären Verhältnissen erheblich beeinträchtigen kann.
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.05.2021 – 1 Sa 12/21
https://is.gd/dfIZja
Mehr Erholungspausen bei Arbeit mit FFP2-Maske im Krankenhaus?
Eine als Intensivkraft auf der Covid-Station einer Klinik tätige Krankenschwester forderte von ihrer Arbeitgeberin Erholungsphasen in kürzeren Abständen. Nach 75 Minuten Arbeit mit FFP2-Maske sollte es eine 30-minütige Maskenpause geben. In dieser Zeit wollte die Schwester andere Arbeiten ohne Maske erledigen. Sie wurde auf eine andere Station versetzt – rechtmäßig, wie das Arbeitsgericht entschied. Dadurch habe die Klinik den Sorgen der Frau über ihre Gesundheit Rechnung getragen. Auf der anderen Station müsse sie die FFP2-Maske nicht durchgehend tragen, sondern könne sie zwischendurch kurz abnehmen.
Arbeitsgericht Herne, Urteil vom 06.05.2021 – 4 Ca 2437/20
https://is.gd/CbCt1g