Zahnarzt: Zu früh Behandlung mit Langzeitprovisorien begonnen – grober Behandlungsfehler

Beginnt ein Zahnarzt eine Versorgung mit provisorischem Zahnersatz, obwohl der Patient mit der eingeleiteten Schienentherapie noch kein halbes Jahr beschwerdefrei gelebt hat, kann dies ein grober Behandlungsfehler sein. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert über eine entsprechende Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 6. Juni 2014 (AZ: 26 U 14/13).

Die 37-jährige Frau begab sich wegen Kopf- und Zahnschmerzen in zahnärztliche Behandlung. Der Zahnarzt passte eine Schiene an, um eine Kieferfehlstellung zu korrigieren. Als die Beschwerden nicht nachließen, entfernte der Arzt nach rund drei Monaten die Amalganfüllungen der Patientin und schliff die Zähne für den geplanten Einsatz von Interimszahnersatz ab. Kurz darauf erhielt sie Interimsbrücken. Die Zahnschmerzen verschlimmerten sich und die Frau erkrankte an einer Knochenentzündung im Oberkiefer, die schließlich stationär behandelt werden musste. Erst nach Entfernung der Provisorien besserte sich der Zustand der Frau. Die Schmerzen waren zwischenzeitlich allerdings chronisch geworden, weswegen sie Schadensersatz verlangte, unter anderem ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 Euro.

Ihre Klage war erfolgreich. Die Sachverständigen hatten eine grob fehlerhafte Zahnbehandlung festgestellt. Der Zahnarzt habe seine Patientin provisorisch prothetisch versorgt, obwohl die Position des Unterkiefers durch die Schienentherapie noch nicht ausreichend gesichert gewesen sei. Gesichert bedeute, dass der Patient mindestens ein halbes Jahr beschwerdefrei damit gelebt haben müsse. Dies sei hier nicht der Fall gewesen. Im Gegenteil: Die angemessene Zeit der Beschwerdefreiheit habe der Arzt so massiv unterschritten, dass die zahnärztlichen Bemühungen geradezu zum Scheitern verurteilt gewesen seien. Ein solches Vorgehen sei nicht verständlich, weil es gegen bewährte zahnmedizinische Erkenntnisse verstoße.

Pressemitteilung vom 14.08.2014

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