Pflegeheim haftet nicht generell bei Sturz

Bamberg/Berlin (DAV). Ein Pflegeheim haftet dann nicht für den Sturz eines Heimbewohners, wenn alle üblichen vernünftigen Vorsichtsmaßnahmen getroffen wurden. Eine gesetzliche Krankenkasse hat deshalb gegen ein Pflegeheim und dessen Mitarbeiter keinen automatischen Anspruch wegen des Sturzes einer bei ihr versicherten Heimbewohnerin. Für einen solchen Anspruch muss eine konkrete Pflichtverletzung seitens des Pflegeheimes vorliegen, entschied das Oberlandesgericht Bamberg am 01. Februar 2010 (AZ.: 6 U 54/09), wie die Medizinrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilen.

Die damals 83-jährige Bewohnerin eines Pflegeheims erlitt während eines Toilettengangs im Bad ihres Zimmers eine Oberschenkelfraktur. Aufgrund ihrer Erkrankungen benötigte sie Hilfe beim Stehen und Gehen. Die gesetzliche Krankenkasse der Heimbewohnerin klagte beim Pflegeheim und dessen Mitarbeitern 7.000 Euro Behandlungskosten ein, die infolge des Sturzes entstanden waren. Mindestens zwei Pflegekräfte hätten die alte Dame auf die Toilette begleiten müssen, so die Begründung. Zudem hätte das Pflegeheim weitere Maßnahmen zur Vermeidung von Stürzen treffen müssen. Das Pflegeheim argumentierte, eine Mitarbeiterin habe die Bewohnerin begleitet und die Dame beim Sturz noch auffangen können. Der Bruch ließ sich jedoch dadurch nicht vermeiden. Von Gleichgewichtsstörungen sei dem Pflegeheim nichts bekannt gewesen.

Die Klage scheiterte in zwei Instanzen. Es bestehe zwar die Pflicht des Pflegeheims zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der ihm anvertrauten Bewohner. Diese sei aber auf die üblichen Maßnahmen begrenzt, die mit vernünftigem finanziellen und personellen Aufwand realisierbar sind. Dabei seien insbesondere die Würde, die Interessen und die Bedürfnisse der Bewohner zu berücksichtigen. Es müsse berücksichtigt werden, dass die Seniorin von einer Pflegekraft auf die Toilette begleitet wurde. Selbst die Schwiegertochter der Heimbewohnerin habe angegeben, dass ihr ein besonderes Sturzrisiko nicht bekannt gewesen sei. Die alte Dame habe noch selbständig gehen und stehen können. Die Auffassung der Krankenkasse, dass sich das Heim über eine mögliche Sturzgefahr seiner Bewohnerin durch Einholung eines medizinischen Gutachtens hätte informieren können, teilten die Richter nicht. Es hätten keine konkreten Anhaltspunkte dafür vorgelegen, dass für die Begleitung der Heimbewohnerin zur Toilette zwei Pflegekräfte notwendig wären. Den kurzen Weg zu ihrer Toilette hatte die Bewohnerin zuvor stets problemlos bewältigt.

Pressemitteilung vom 23.04.2010

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