Mangelhafte Brustimplantate von französischem Billighersteller – Arzt trifft keine Schuld

(DAV). Eine kosmetische Operation ist medizinisch nicht notwendig und kann erhebliche Risiken bergen. Der behandelnde Arzt ist daher verpflichtet, den Patienten besonders intensiv über mögliche Misserfolge und negative Folgen einer OP aufzuklären.

Er trägt deswegen aber nicht die Verantwortung für mangelhafte Brustimplantate, entschied jetzt in einem Fall das Oberlandesgericht Karlsruhe (20. April 2016; AZ: 7 U 241/14).

In dem von der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitgeteilten Fall waren einer Frau Brustimplantate des französischen Billigherstellers Poly Implant Prothèse (PIP) eingesetzt worden, die mit billigem Industriesilikon gefüllt waren. Sie hatte diese dann auf entsprechende Warnungen vor darin enthaltenem minderwertigem und nicht zugelassenem Silikon austauschen lassen. Sie klagte unter anderem gegen den behandelnden Facharzt für plastische und ästhetische Chirurgie auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

2007 noch keine Anhaltspunkte für Billigsilikon

Ohne Erfolg. Die Gerichte in der ersten und zweiten Instanz konnten keine Verletzung der ärztlichen Aufklärungspflicht feststellen. Die Verwendung des Produkts sei 2007 nicht behandlungsfehlerhaft gewesen. Dem Arzt hätten zu dieser Zeit keine Anhaltspunkte dafür bekannt sein müssen, dass Implantate dieses Herstellers Qualitätsmängel aufwiesen.

Besondere Aufklärungspflicht bei kosmetischen Eingriffen

Ausdrücklich wiesen die Richter auf die besonders hohe Aufklärungspflicht bei kosmetischen Operationen hin. Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten sei, umso eindrücklicher müsse der Arzt über Erfolgsaussichten und mögliche Folgen informieren.

Das Gericht zeigte sich überzeugt, dass der Arzt im vorliegenden Fall ausreichend informiert habe. Er habe über die in dem Aufklärungsbogen „Dokumentierte Patientenaufklärung Augmentationsplastik“ aufgeführten Risiken aufgeklärt. Darüber hinaus habe er darauf hingewiesen, dass

  • die Haltbarkeit von Silikonimplantaten begrenzt ist und durchschnittlich etwa 10 bis 15 Jahre beträgt
  • die tatsächliche Lebensdauer individuell verschieden ist und von der Reaktion der Implantate mit dem umliegenden Gewebe abhängt. Diese Reaktion wiederum wird von der Größe, dem Weichteilmantel und der Lage der Implantate und den körperlichen Aktivitäten der Patientin beeinflusst
  • zu den Umständen, die die Lebensdauer der Implantate begrenzen, auch die Risiken einer Implantatruptur mit den Folgen möglicher lokaler Gewebereaktionen, einem Gel-Bleeding oder einer Beschädigung des Implantats durch eine massive Gewalteinwirkung (etwa bei einem Unfall)
  • die begrenzte Lebensdauer von Silikonimplantaten, die nach zehn Jahren eine regelmäßige engmaschige Kontrolle und gegebenenfalls einen Austausch der Implantate erforderlich macht.

Pressemitteilung vom 25.08.2016

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