Krankenkasse muss Kosten für hochwertige Hörgeräteversorgung tragen

Gesetzlich versicherte Schwerhörige haben Anspruch auf eine Versorgung mit technisch hochwertigen Hörgeräten. Voraussetzung ist, dass mit den sogenannten Vertragsgeräten kein optimaler Ausgleich des Hörverlustes erzielt werden kann. Die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) informiert in diesem Zusammenhang über ein Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 5. Oktober 2011 (AZ: S 5 KR 97/08).

Der Kläger ist von Kindheit an auf dem rechten Ohr taub, auf dem linken Ohr liegt eine an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit vor. Der Akustiker ließ den Kunden zwei Geräte testen, die zum Vertragspreis der Krankenkasse angeboten wurden (648,40 Euro pro Gerät). Mit diesen war jedoch in geräuschintensiver Umgebung eine Verständigung nicht möglich. Die technisch hochwertigen Geräte, ausgestattet mit 16 Kanälen, einer automatischen Spracherkennung und Störlärmmanagement führten zu einem deutlich besseren Ausgleich des Hörverlustes. Das daraufhin von dem Akustiker linksseitig angepasste Hörgerät kostete 1.820 Euro. Die Krankenkasse wollte nur den Vertragspreis zahlen. Sie berief sich darauf, der Gesetzgeber habe für Hörgeräte Festbeträge eingeführt, an denen sich die vertraglichen Regelungen mit den Akustikern zu orientieren hätten. Mehrkosten müsste grundsätzlich der Versicherte tragen.

Nach sachverständiger Überprüfung durch einen Akustikermeister stand für das Sozialgericht fest, dass der Kläger zum Ausgleich des Hörverlustes auf ein hochwertiges Gerät angewiesen ist. Maßgeblich seien die individuellen Verhältnisse. Dies gelte sowohl bei Festbeträgen als auch bei Anwendung der Versorgungsverträge. Der Versicherte dürfe nicht dadurch schlechter gestellt werden, dass die Krankenkassen mit den Leistungserbringern eine Versorgungspauschale für alle Schwerhörigkeitsgrade vereinbart haben. Der Akustiker, der für die Krankenkasse die Versorgung durchführe, sei verpflichtet, ein Hilfsmittel auszuwählen, das den Hörverlust möglichst weitgehend ausgleiche. Er fungiere als Gehilfe der Kasse, die sich das fehlerhafte Verhalten zurechnen lassen müsse. Sei die Krankenkasse der Auffassung, der Akustiker hätte eine günstigere Versorgung anbieten müssen, müsse sie sich frühzeitig in die Versorgung einbringen und den Sachverhalt zum Beispiel durch den Medizinischen Dienst prüfen lassen. Argumentiere sie ohne Berücksichtigung der individuellen Verhältnisse des Versicherten, könne sie allenfalls Rückforderungsansprüche gegenüber dem Vertragsakustiker geltend machen.

Pressemitteilung vom 05.03.2012

www.arge-medizinrecht.de