Krankenhaus haftet für Sprung aus dem Fenster

Berlin/München (dpa/tmn). Eine Klinik für Psychiatrie hat besondere Sorgfaltspflichten gegenüber einer seit Jahren an einer Psychose leidenden Patientin. Dies betrifft insbesondere deren Unterbringung ohne Überwachung in einem Zimmer mit ungesichertem Fenster. Für die Folgen eines Sprungs aus dem Fenster haftet die Klinik, urteilte das Landgericht München I am 2. September 2009 (AZ: 9 O 23635/06), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Bei der Patientin war im Juli 2002 in besagtem Krankenhaus eine akute paranoid-halluzinatorische Psychose diagnostiziert worden, bei der auch eine Selbstgefährdung nicht ausgeschlossen werden konnte. Wenige Tage nach ihrer Entlassung erschien die Patientin im August 2002 wieder in der Klinik, da sich ihr Zustand erneut verschlechtert hatte. Nachdem sie von einer Schwester in ein Krankenzimmer im ersten Stock der Klinik gebracht worden war, sprang die Patientin kurze Zeit später aus dem Fenster und verletzte sich schwer. Die Krankenkasse verlangte von dem Krankenhaus die Rückerstattung der erbrachten Versicherungsleistungen.

Das Gericht gab der Krankenkasse Recht. Die Richter bewerteten die Umstände der Wiederaufnahme nach Anhörung eines Sachverständigen als Verstoß gegen die anerkannten fachärztlichen Regeln der psychiatrischen Kunst. Die Patientin sei schon bei ihrer Entlassung nicht in wünschenswerter Weise wiederhergestellt gewesen. Die diagnostizierte Erkrankung gehe stets mit einem Rest an Unberechenbarkeit insbesondere in Gestalt von Selbstmordversuchen einher. Daher sei es – so der Sachverständige – nicht ohne Risiko gewesen, die Patientin nach ihrer Wiederaufnahme gänzlich ohne Aufsicht zu lassen. Zumindest hätte sie in einem Raum mit gesicherten Fenstern untergebracht werden müssen. Der fatale Fenstersprung wäre dann mit größter Wahrscheinlichkeit verhindert worden.
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Pressemitteilung vom 27.09.2009

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