Halbseitige Lähmung bei Säugling nicht erkannt – Ärztin haftet nicht

Ein Kinderarzt muss eine halbseitige Lähmung bei einem Säugling im ersten Lebensjahr nicht erkennen. Das entschied das Oberlandesgerichts Hamm am 11. März 2013 (AZ: 3 U 162/12), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilt.

Die Kinderärztin behandelte einen im November 2005 geborenen Säugling. Unter anderem führte sie die Vorsorgeuntersuchungen U 3, U 4 und U 5 durch. Dabei erkannte sie nicht die halbseitigen Lähmungen (eine so genannte linksseitige Hemiparese) des Säuglings. Diese resultierten aus einem Hirnschaden des Kindes, verursacht durch einen vorgeburtlichen Schlaganfall. Lähmungen und Hirnschaden wurden erstmals im Oktober 2006 diagnostiziert. Im Namen ihres Sohns verlangten die Eltern Schadensersatz, Schmerzensgeld von 100.000 Euro, eine monatliche Schmerzensgeldrente ab dem siebten Lebensmonat von 300 Euro und eine monatliche Mehrbedarfsrente von rund 1.100 Euro. Sie argumentierten, im Falle einer früheren Diagnose und Therapie hätte ihr Sohn besser behandelt werden können und ein geringeres Maß an Behinderungen erlitten.

Die Klage blieb ohne Erfolg. Die Richter schlossen sich dem Sachverständigen an, der keine fehlerhafte Behandlung des Babys durch die Kinderärztin feststellen konnte. Es habe nicht bewiesen werden können, dass die Symptomatik der Hemiparese für die Ärztin erkennbar gewesen oder von ihr aufgrund unzureichender Untersuchungsmethoden verkannt worden sei. Bei einem Neugeborenen reife das zentrale Nervensystem langsam über Monate. Erst im Verlauf dieser Entwicklung funktionierten die entsprechenden Nervenbahnen. In diesem Zeitraum könne deswegen auch eine Schädigung des noch unreifen Gehirns ein unspezifisches Erscheinungsbild aufweisen und so für den Kinderarzt nicht unbedingt sichtbar sein. Bis zu einer Untersuchung im Juli 2006 sei hätten die Eltern die Ärztin auch nicht auf motorische Auffälligkeiten hingewiesen. Darüber hinaus sei auch nicht bewiesen, dass ein früherer Einsatz der im Oktober 2006 begonnenen Physiotherapie einen verbesserten Zustand des Kindes hätte herbeiführen können.

Pressemitteilung vom 06.05.2013

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