Grober Behandlungsfehler: Verletzung des Rachens bei Mandeloperation

Regensburg/Berlin (DAV). Wird bei einer Mandeloperation die Rachenhinterwand außerhalb des zu operierenden Bereichs verletzt, liegt ein grober Behandlungsfehler vor. Die dadurch entstehenden Gesundheitsbeeinträchtigungen (Schlundverengung durch Vernarbung, Folgen eines Luftröhrenschnitts) rechtfertigen ein Schmerzensgeld von 80.000 Euro und eine Schmerzensgeldrente von 60 Euro monatlich. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichts Regensburg vom 14. Mai 2007 (AZ: 4 O 1672/06), wie die Medizinrechtsanwälte des Deutschen Anwaltvereins (DAV) mitteilen.

Nach einer Mandelentfernung litt die Klägerin unter einer deutlichen Narbenbildung im Rachen. Sie musste sich einer Vielzahl von weiteren Behandlungen und Operationen unterziehen, unter anderem einer 15-stündigen Operation unter Vollnarkose, bei der der Schlund erweitert und Haut transplantiert wurde. Zum Zeitpunkt der Gerichtsverhandlung lebte die Klägerin mit einem Luftröhrenschnitt. Sie klagte auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.

Mit Erfolg: Das Gericht ging von einem groben Behandlungsfehler aus. Ein solcher liege vor, wenn ein ärztlicher Behandlungsfehler festgestellt werde, der einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfe. Laut Sachverständigengutachten dürfe eine Rachenverletzung außerhalb des Operationsgebiets nicht passieren. Das Gericht gestand der Klägerin außerdem eine Beweiserleichterung zu. Wenn der Arzt meine, die Verletzung resultiere nicht aus der Verwendung des OP-Bestecks, sondern könne bereits durch die Intubation hervorgerufen worden sein, hätte er dies dokumentieren müssen. Der Patient sei nicht in der Lage, den Nachweis zu führen, wodurch er verletzt worden sei. Da es keine anderweitige Dokumentation gegeben habe, müsse sich der Arzt die Verantwortung für die Verletzung zurechnen lassen. Aufgrund der deutlichen Beeinträchtigung der Lebensqualität durch den Luftröhrenschnitt sei das hohe Schmerzensgeld gerechtfertigt.

Pressemitteilung vom 20.11.2009

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