Arzt muss Anwaltskosten des Patienten bezahlen

(red/dpa). Endlich hat man sich überwunden, zum Zahnarzt zu gehen. Nun soll auch alles klappen. Was, wenn der Zahnersatz missrät, der Arzt aber eine hohe Rechnung stellt, gegen die sich der Patient wehren will? Wer muss die Anwaltskosten des Patienten bezahlen?

Ist die ärztliche Leistung völlig unbrauchbar und wertlos, darf der Arzt hierfür auch kein Honorar verlangen. Dann muss der Patient dem Arzt nicht einmal mehr die Gelegenheit geben, nachzubessern. Verlangt der Arzt dennoch sein Honorar, kann der Patient auch einen Anwalt einschalten. Diese außergerichtlichen Kosten muss dann der Zahnarzt bezahlen, entschied das Kammergericht Berlin, wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. Nichts anderes gilt, wenn der Arzt – wie viele Ärzte – seine Forderung an eine ärztliche Verrechnungsstelle abgetreten hat.

Arztrechnung für unbrauchbaren Zahnersatz

Der Mann hatte unter anderem mehrere Brücken und eine Krone erhalten. Hierfür verlangte der Arzt über 9.000 Euro. Der Patient hatte 1.500 Euro bereits gezahlt. Mit der Leistung des Zahnarztes war er jedoch überhaupt nicht zufrieden. Die Brücken und Kronen wiesen Kanten auf, die Füllungen waren nicht richtig ausgeführt worden, und es gab weitere erhebliche Mängel.

Ein Sachverständiger bewertete später in der ersten Instanz des Verfahrens den Zahnersatz als wertlos und unbrauchbar. Er kam zu dem Schluss, dass eine Nachbesserung nicht möglich sei, sondern der Zahnersatz komplett entfernt und erneuert werden müsse.

Der Arzt hatte seine Forderung an eine ärztliche Verrechnungsstelle abgetreten. Diese verlangte danach die Bezahlung des restlichen Betrages. Der Patient weigerte sich und schaltete einen Anwalt ein. Bereits in der ersten Instanz war schon entschieden worden, dass kein Honoraranspruch bestehe, und der Patient dem Zahnarzt auch nicht die Möglichkeit einräumen müsse nachzubessern. Zuletzt wurde noch darüber gestritten, wer die Anwaltskosten des Patienten zahlen muss. 

Urteil: Anwaltshonorar des Patienten muss erstattet werden

Der Patient durfte einen Rechtsanwalt einschalten. Die Forderung des Zahnarztes war unberechtigt, da der Zahnersatz völlig unbrauchbar und wertlos war. Die Honorarforderung war damit ungültig. Zur Abwehr unberechtigter Ansprüche kann man einen Anwalt einschalten. Nach Ansicht des Gerichts mussten sich „einem medizinischen Fachmann die offensichtlichen Mängel aufdrängen“. Schon der behandelnde Zahnarzt selbst hätte zumindest wissen müssen, dass seine Arbeiten für die Patienten wertlos seien. Also hätte ihm schon klar sein müssen, dass kein Honoraranspruch bestehe.

Dagegen durfte sich der Patient auch mithilfe eines Anwalts wehren. Die außergerichtlichen Anwaltskosten müsse der Zahnarzt übernehmen.

Ärztliche Verrechnungsstelle ebenfalls verpflichtet

Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die Honorarforderung an eine ärztliche Verrechnungsstelle abgetreten worden sei. Der Patient dürfe nicht schlechter gestellt werden, als er sich ohne diese Abtretung stünde, erläuterte das Gericht. Daher müsse nun die ärztliche Verrechnungsstelle für den Anwalt bezahlen.

Entscheidend sei gewesen, dass die Honorarforderung ganz offensichtlich nicht plausibel gewesen sei. Wegen anderer Arbeiten des Zahnarztes, die tauglich waren, könne der Patient die bereits gezahlten 1.500 Euro allerdings nicht zurückverlangen.

Dieser Fall zeigt deutlich, dass man sich mithilfe eines Rechtsanwaltes erfolgreich gegen falsche und unberechtigte Forderungen wehren kann – und den Vorteil hat, dass dann die Gegenseite die Anwaltskosten übernehmen muss. Da der Patient den Prozess gewonnen hat, musste die Verrechnungsstelle auch die gerichtlichen Anwaltskosten des Patienten übernehmen.

Kammergericht Berlin am 12. Februar 2015 (AZ: 20 U 114/14)

Pressemitteilung vom 21.10.2015

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