Ärztliche Verschwiegenheit auch bei minderjährigen Patienten

Köln/Berlin (dpa/tmn). Bittet ein minderjähriger Patient seinen Arzt darum, die Eltern nicht zu informieren, so unterliegt der Arzt auch hier grundsätzlich der Schweigepflicht. Das gilt mindestens dann, wenn der Patient die Reife und Einsichtsfähigkeit zeigt, um Entscheidungen selbst zu treffen. So entschied das Landgericht Köln am 17. September 2008 (AZ: 25 O 35/08), wie die Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht des Deutschen Anwaltvereins (DAV) berichtet. 

Ein 15-jähriges Mädchen nahm einen Termin bei ihrer Gynäkologin wahr, um sich ein Mittel zur Empfängnisverhütung verschreiben zu lassen. Die Mutter des Mädchens wartete in dieser Zeit im Wartezimmer. Als sich im Rahmen der Untersuchung herausstellte, dass sie schwanger war, wünschte die Patientin einen Schwangerschaftsabbruch und bat ausdrücklich darum, die Eltern nicht zu informieren. Die Ärztin vereinbarte einen Termin bei einer Beratungsstelle und überwies sie anschließend in ein Krankenhaus. Dort wurde festegestellt, dass die junge Frau bereits in der 14. Schwangerschaftswoche war, und ein Abbruch auf dem Wege der so genannten Beratungslösung daher nicht mehr möglich war. Auch darüber informierte die Gynäkologin die Eltern des Mädchens nicht; Kontrolluntersuchungen fanden zunächst ebenfalls nicht statt. Erst im neunten Monat der Schwangerschaft suchten Mutter und Tochter die Praxis der Ärztin erneut auf. Kurz darauf kam das Kind zur Welt.

Die Tochter klagte auf Schmerzensgeld, Schadensersatz und Unterhalt. Sie meinte, die Gynäkologin wäre dazu verpflichtet gewesen, die Eltern zu informieren, habe jedoch die Schwangere sich selbst überlassen. Bei Benachrichtigung der Eltern hätte diese ihre Tochter unterstützen können. Ein Abbruch der Schwangerschaft im Rahmen der medizinisch-sozialen Indikation wäre aufgrund des jugendlichen Alters der Patientin und der damit verbundenen Unreife möglich gewesen.

Die Richter wiesen die Klage ab. Auch bei minderjährigen Patienten unterlägen Ärzte grundsätzlich der Schweigepflicht, zumal die Patientin die Gynäkologin ausdrücklich darum gebeten habe, die Eltern nicht zu informieren. Diese habe sowohl bei der Ärztin als auch bei der persönlichen Anhörung vor Gericht den Eindruck erweckt, die nötige Reife und Einsichtsfähigkeit zu haben, um eine derartige Entscheidung selbständig treffen zu können. Hinzu komme, dass auch kein besonderes Risiko für die werdende Mutter bei Fortsetzung der Schwangerschaft erkennbar gewesen sei.

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Pressemitteilung vom 27.09.2009

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