2018-03


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

anliegend übersenden wir Ihnen den Newsletter 2018-03.

 

1. Urteile aus dem Medizinrecht

 

Aufklärungspflicht bei nur relativer Indikation eines operativen Eingriffs

Ein Belegarzt riet einem Krankenhaus-Patienten zu einer operativen Versorgung des verengten Wirbelkanals der Lendenwirbelsäule und führte den Eingriff aus. Nach der Operation stellten sich neurologische Ausfälle in beiden Beinen des Klägers ein. Er war nicht mehr in der Lage, das gestreckte Bein anzuheben. Zudem zeigten sich Lähmungen beim Heben und Senken der Füße, eine Blasenentleerungsstörung, und eine Störung der Sexualfunktion. Der Patient leidet dauerhaft an einer chronischen inkompletten Kaudalähmung mit Gefühlsstörungen im Bereich der Beine und Füße sowie an Schmerzen im Operationsbereich und entwickelte eine Depression. Er kann nur kurze Strecken mit Gehilfen zurücklegen und ist im Übrigen auf einen Rollstuhl angewiesen. 

Auf seine Haftungsklage gegen den Belegarzt sprach ihm das OLG materiellen Schadensersatz i.H.v. ca. 34.500 € und ein Schmerzensgeld i.H.v. 75.000 € zu. Für den vorgenommenen operativen Eingriff habe mangels neurologischer Ausfallerscheinungen beim Kläger nur eine relative Indikation bestanden. Alternativ habe die konservative Behandlung als echte Behandlungsalternative fortgesetzt werden können. Hierüber habe der Operateur den Kläger nicht aufgeklärt.

Nach der Rechtsprechung sei die Wahl der Behandlungsmethode zwar primär Sache des Arztes, so das Gericht. Gebe es aber mehrere Behandlungsmöglichkeiten mit echter Wahlmöglichkeit des Patienten, müsse durch eine entsprechend vollständige Aufklärung diesem die Entscheidung überlassen werden, auf welchem Weg die Behandlung erfolgen soll und auf welches Risiko er sich einlassen möchte. Je weniger dringlich sich der Eingriff nach medizinischer Indikation und Heilungsaussicht darstelle, desto weitgehender seien Maß und Genauigkeitsgrad der Aufklärungspflicht. So sei bei einer nur relativ indizierten Operation regelmäßig auch eine Aufklärung über die Möglichkeit einer abwartenden Behandlung oder das Nichtstun geboten.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.12.2017 – I-26 U 3/14
https://goo.gl/iZi8Gi

 

Schmerzensgeld nach Dithranol-Behandlung im Krankenhaus 

Wird ein Patient im Rahmen einer teilstationären Behandlung an einer Universitätsklinik wegen eines entzündeten Kopfhautekzems äußerlich erstmals mit einem Medikament (Dithranol) behandelt, das wiederum eine planvolle Entzündungsreaktion hervorruft, muss der Patient vor der Verabreichung des Medikaments über dessen Wirkweise und mögliche Nebenwirkungen aufgeklärt werden.

Die beschriebene Entzündungsreaktion ging bei einem Patienten mit mehrere Tage andauernden Beschwerden in der Art eines Sonnenbrands einher. Der Patient klagte wegen eines Aufklärungsfehlers auf Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von mindestens 15.000 €. Im Übrigen beantragte er festzustellen, ihm sämtliche weiteren Schäden zu ersetzen. Das Gericht sprach dem Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 900 € zu. Den Feststellungantrag hielt es für unbegründet. Durch die Behandlung hervorgerufene länger andauernde Schäden seien nicht bewiesen bzw. zu erwarten. Den Streitwert bezifferte das LG auf 35.000 €.

Landgericht Freiburg (Breisgau), Urteil vom 23.02.2018 – 1 O 297/15
https://goo.gl/EdJvX6

 

Integrierte Versorgung: Kasse hat keinen Rückzahlungsanspruch gegen Ärzte/BAG 

Eine Krankenkasse schloss mit der KV Niedersachsen einen Vertrag zu integrierten Versorgungsformen gemäß § 140b SGB V über die Versorgung onkologischer Patienten (IV-Vertrag) ab. Teilnahmeberechtigt waren unter anderem niedergelassene onkologisch verantwortliche Internisten mit dem Schwerpunkt Hämatologie und internistische Onkologie. Das Mitwirken der Patienten erfolgte durch schriftliche Einwilligung. Die Abrechnung der vereinbarten Leistungen erfolgte über die Bezirksstelle der KV. Gegenüber der Kasse erfolgte die Abrechnung außerhalb der begrenzten Gesamtvergütung. 

Eine aus an der Vereinbarung teilnehmenden Ärzten bestehende BAG führte in ihren Räumlichkeiten teilstationäre Behandlungen für ein Krankenhaus durch. Die KV zahlte der BAG die im Rahmen des IV-Vertrags abgerechneten Leistungen aus. Die Kasse erstattete der KV im Anschluss die verauslagten Beträge, machte aber nachträglich geltend, die BAG habe zu keinem Zeitpunkt den schriftlichen Beitritt zum IV-Vertrag erklärt. Aufgrund fehlender Patienteneinwilligungen in 1.113 Fällen hätten die Voraussetzungen für eine Abrechnung nicht vorgelegen. Ihre Klage auf Rückzahlung von mehr als 330.000 € gegen die Ärzte der BAG und die BAG selbst als Gesamtschuldner blieb allerdings weitgehend erfolglos. 

Hinsichtlich der im Berufungsverfahren noch „offenen“ Rückzahlung i.H.v. rund 265.000 € sah das Gericht die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs nicht erfüllt. Im Rahmen der Durchführung des IV-Vertrags seien die Leistungen der Kasse an die KV, nicht aber an die BAG erfolgt. Die Vergütung der Leistungen der integrierten Versorgung onkologischer Patienten sei durch die KV an die BAG erfolgt. Angesichts des Vorrangs der Leistungsbeziehung könne die Kasse keinen Anspruch auf Bereicherung in sonstiger Weise gegen einen Dritten – hier die BAG – haben.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 13.12.2017 – L 3 KA 37/14
https://goo.gl/DQ4Nyp

 

Chefarztbehandlung: Krankenversicherer kann 30.000 € zurückverlangen 

Im Falle der Wahlleistungsvereinbarung mit einem Chefarzt muss dieser – abgesehen von seiner Verhinderung – den Eingriff selbst durchführen. Allein mit seiner Anwesenheit (zum Beispiel als Anästhesist während der Operation) werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt. Die ärztliche Behandlung ist dann mangels wirksamer Einwilligung des Patienten rechtswidrig. 

Eine Patientin hatte neben dem Krankenhausaufnahmevertrag eine Wahlleistungsvereinbarung abgeschlossen. Vereinbart war eine Chefarztbehandlung, wobei der Arzt durch einen weiteren Chefarzt vertreten werden konnte. Der Vertreter führte eine Koloskopie durch, bei der es zu einem Einriss im Bereich der Rektumschleimhaut kam. Der vertraglich eigentlich zur Operation Verpflichtete war bei dem Eingriff als Anästhesist anwesend. Die infolge der Koloskopie für die Patientin aufgewandten Behandlungskosten i.H.v. 30.000 € verlangte der gesetzliche Krankenversicherer vom Krankenhausträger und den beiden Chefärzten ersetzt. 

Die Gerichte gaben der Versicherung Recht. Die Behandlung der Patientin sei mangels wirksamer Einwilligung insgesamt rechtswidrig gewesen. Die Voraussetzungen der Wahlleistungsvereinbarung seien nicht eingehalten worden, da ein zulässiger Vertretungsfall nicht vorgelegen habe. Der vertraglich gebundene Chefarzt sei nicht unvorhergesehen verhindert, sondern während der Koloskopie als Anästhesist anwesend gewesen. Seine Beobachtung und Überwachung des Eingriffs in dieser Rolle sei mit einem eigenhändigen Eingriff nicht zu vergleichen. Die Fallgestaltung sei auch nicht vergleichbar mit der Operation durch einen Assistenzarzt unter Aufsicht des Oberarztes. Denn in diesem Falle seien beide Mediziner im selben Fachgebiet tätig.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 15.12.2017 – 26 U 74/17
https://goo.gl/ZM6Xbx

 

Verordnungsausschluss für Voltaren Emulgel: Medikamentenregress berechtigt

Ein Vertragsarzt ist mit seiner Klage gegen die Prüfungsstelle der Ärzte und Krankenkassen Nordrhein wegen eines Medikamentenregresses gescheitert. Er verordnete zahlreichen Patienten das Präparat Voltaren Emulgel zu Lasten der GKV. Nach einer Prüfung der Verordnungen setzte die Prüfungsstelle einen Regress i.H.v. rund 600 € fest.

Die Klage des Arztes wurde abgewiesen. Die Prüfungsstelle fordere zu Recht den Ersatz des Schadens, der durch die nicht gerechtfertigte Verordnung der Medikamente entstanden sei, befand das Gericht. Grundsätzlich falle das Präparat Voltaren Emulgel unter den Verordnungsausschluss. In medizinisch begründeten Einzelfällen dürfe das Medikament ausnahmsweise mit entsprechender Begründung verordnet werden. Nach Prüfung einiger Patientenkarteikarten genüge die Dokumentation des Klägers diesen Anforderungen nicht. Eine fehlende verordnungsfähige Behandlungsalternative sei nicht dokumentiert. Die streitigen Verordnungen seien daher allenfalls als Privatrezept auszustellen gewesen. 

Sozialgericht Düsseldorf, Urteil vom 10.05.2017 – S 2 KA 37/16
https://goo.gl/mTMWBK

 

Gefälschte Approbation: Kassen scheitern mit Rückforderungsklagen 

Drei Krankenkassen sind mit dem Versuch gescheitert, gezahlte Vergütungen i.H.v. insgesamt rund 370.000 € von einem Krankenhaus zurückerstattet zu bekommen. Hintergrund der geltend gemachten Rückforderungen war, dass die Klinik über Jahre einen Mitarbeiter als Arzt beschäftigt hatte, der seine Approbationsurkunde durch gefälschte Studienbescheinigungen und Zeugnisse bei der zuständigen Bezirksregierung erschlichen hatte. Dieser Umstand war dem Krankenhaus bei der Einstellung nicht bekannt.

Als Arzt führte der Mitarbeiter zahlreiche operative Eingriffe an Patienten durch, die von der Klinik gegenüber den klagenden Krankenkassen abgerechnet wurden. Dann flog der Mitarbeiter auf und wurde wegen Köperverletzung und Urkundenfälschung verurteilt. Die fälschlich erteilte Approbation wurde zurückgenommen.

Die Abweisung der Klagen begründete das Gericht damit, dass das Krankenhaus die Vergütungen im Ergebnis zu Recht geltend gemacht habe. Zum einen habe der „falsche Arzt“ regelmäßig nicht allein, sondern mit einem „echten“ Assistenten operiert, sodass eine „ärztliche Behandlung“ vorgelegen habe. Darüber hinaus sei – jedenfalls im Verhältnis zwischen dem Krankenhaus und den Krankenkassen – maßgeblich, dass zum Zeitpunkt, in dem die streitigen Operationen durchgeführt worden sind, der Mitarbeiter tatsächlich eine echte – wenn auch erschlichene – Approbationsurkunde vorweisen konnte.

Schließlich wäre die Rückforderung der Vergütungen auch unbillig gewesen, weil die Behandlungen im Ergebnis den Regeln der Kunst entsprochen und die Krankenkassen damit gegenüber ihren jeweiligen Versicherten die geschuldeten Leistungen erbracht hätten. Aus diesem Grund sei den Kassen kein finanzieller Schaden entstanden.

Sozialgericht Aachen, Urteile vom 06.02.2018 – S 13 KR 262/17, S 13 KR 466/16, S 13 KR 114/17
https://goo.gl/qqSGBE

 

Hausärztliche Doppelabrechnung teilweise rechtswidrig

Einem am Bayerischen Hausarztvertrag (HzV-V) teilnehmenden Arzt wurde vorgeworfen, er habe Leistungen doppelt abgerechnet bzw. bestimmte Leistungen seien im entsprechenden Quartal nicht mehr abrechenbar gewesen. Leistungen seien zum einen insbesondere durch Pauschalen und Zuschläge erfasst und über den Hausärzteverband (BHÄV) abgerechnet worden, zusätzlich aber auch gegenüber der KV Bayerns. Es erfolgte eine Leistungskorrektur. Der Arzt wurde auf Honorarrückzahlung verklagt.

Das Gericht bestätigte einen Rückzahlungsanspruch in Bezug auf Substitutionsleistungen nach den EBM-Ziffern 01950, 01951 und 01952 auf Grundlage eines Anspruchs nach § 15 Abs. 4 S. 5 HzV-V i.V.m. § 280 BGB und verurteilte den Arzt zu einer Zahlung i.H.v knapp 1.500 €. Darüber hinaus wies es die Klage im Umfang von 3/4 ab.  

Eine Änderung des HzV-V, die sich für den Arzt nachteilig hätten auswirken können, ist nach Auffassung des Gerichts nicht wirksam und daher für den Beklagten nicht verbindlich geworden. Die Vertragspartner des Hausarztvertrages seien ihrer im HzV-V geregelten Pflicht zur schriftlichen Information hinsichtlich der Änderung nicht in ausreichendem Umfang nachgekommen. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, den Arzt treffe selbst die Obliegenheit, sich ständig über den aktuellen Vertragsinhalt auf dem Laufenden zu halten. Denn der in § 95 Abs.3 S. 3 SGB V geregelte Grundsatz, dass die jeweils geltenden Regelungen verbindlich sind, ohne dass es einer Information durch Dritte bedarf, sei im Selektivvertragsrecht nicht anwendbar. Sie beziehe sich nur auf das Kollektivvertragsrecht der Vertragsärzte.

Sozialgericht München, Urteil vom 12.12.2017 – S 38 KA 2001/14
https://goo.gl/Zy8CX9

 

OP-Anästhesistin übt abhängiges Beschäftigungsverhältnis aus

Eine Fachärztin für Anästhesie ließ sich über eine Facharztagentur als Honorarärztin an Krankenhäuser vermitteln. Sie schloss einen Honorarvertrag ab, der die Klinik berechtigte, ihr Weisungen bezüglich ihrer ärztlichen Tätigkeit zu erteilen. Hinsichtlich ihrer Arbeit hatte die Anästhesistin kaum Gestaltungsmöglichkeiten. Sie war in die vorgegebenen räumlichen, zeitlichen und sachlichen Voraussetzungen eingebunden. Das OP-Team stand nicht unter ihrer fachlichen Leitung. Die Anästhesistin konnte einzig frei entscheiden, ob sie Aufträge annimmt oder ablehnt. Nach der Annahme eines Auftrags boten sich ihr allerdings keine entscheidenden Einflussmöglichkeiten auf die organisatorische Ausgestaltung mehr. Weil die Ärztin kein eigenes Kapital oder eigene Arbeitsmittel einbrachte, trug sie auch kein unternehmerisches Risiko. Vor diesem Hintergrund stufte sie das LSG als abhängig beschäftigt und sozialversicherungspflichtig ein.

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.01.2018 – L 1 KR 441/15
https://goo.gl/Zd7KAs

 

OP-Anästhesistin übt selbständige Tätigkeit aus

Eine andere Anästhesistin war gemäß ihres Honorarvertrags mit einem Krankenhaus zur Teilnahme an Teambesprechungen dort nicht verpflichtet. Sie war zusätzlich für weitere Auftraggeber tätig. Es lag kein Dispositionsrecht der Klinik bezogen auf den zeitlichen Einsatz der Ärztin vor, da die Zeit der Leistung vertraglich konkret vereinbart war. Die Anästhesistin durfte Tätigkeiten auf Dritte übertragen. Sie hatte das Recht, einzelne Aufträge ohne Angabe von Gründen abzulehnen. Die Höhe der Vergütung von 85,00 € je Stunde überschritt deutlich die Tariflöhne. Im Rahmen der Gesamtwürdigung stellte das SG eine selbständige Tätigkeit der Ärztin fest. 

Sozialgericht Hannover, Urteil vom 10.01.2018 – S 14 R 32/16
https://goo.gl/jGqZi3

 

Falsche Tatsachenbehauptungen sind aus Bewertungsportal zu entfernen

Das OLG Hamm hat zugunsten einer niedergelassenen Zahnärztin bestätigt, dass eine unwahre negative Aussage in Bezug auf ihre Person nicht mehr auf dem Arztbewertungsportal jameda.de veröffentlicht werden darf. Dort war verbreitet worden, die Zahnärztin verzichte auf eine Aufklärung bzw. Beratung.

Der Senat hielt in dem einstweiligen Rechtsschutzverfahren mit zumindest vorläufiger Wirkung für bewiesen, dass die Verfasserin des umstrittenen Bewertungseintrags im Rahmen ihrer Behandlung bei der Zahnärztin von dieser tatsächlich aufgeklärt worden ist. Dies ergebe sich aus zur Akte gereichten Unterlagen. Daher sei die Behauptung, dass die Zahnärztin auf eine Aufklärung bzw. Beratung verzichte, falsch und dürfe nicht (wieder-)veröffentlicht werden. 

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 13.03.2018 – 26 U 4/18
- bisher nicht veröffentlicht -

 

Heilmittelwerberecht: 1 €-Geringwertigkeitsgrenze auch in Fachkreisen anzuwenden

Das OLG Stuttgart hat entschieden, dass in der Heilmittelwerbung die Wertgrenze von 1,00 € auch bei Werbegeschenken an Fachkreise (zu denen insbesondere Apotheker und Ärzte zählen) gilt.

In dem entschiedenen Fall hat ein pharmazeutisches Unternehmen zu Werbezwecken Produktkoffer mit sechs verschiedenen Arzneimitteln gegen Erkältungsbeschwerden bundesweit an Apotheker verschenkt. Die Medikamente hatten einen (unrabattierten) Einkaufspreis von 27,47 €. Ein Konkurrent klagte auf Unterlassung. 

Das OLG bestätigte, dass von der kostenlosen Abgabe des Arzneimittelkoffers die abstrakte Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung i.S.d. § 7 HWG ausgehe. Ausnahmsweise zulässig sei nach der gesetzlichen Bestimmung zwar die Zuwendung von geringwertigen Kleinigkeiten. Der Wert des Arzneimittelkoffers überschreite allerdings die Geringwertigkeitsgrenze. Für Zuwendungen an den Verbraucher habe der BGH eine Wertgrenze von 1,00 € definiert (BGH, Urteil vom 08.05.2013 – I ZR 98/12). Diese Wertgrenze gelte auch für Angehörige der Fachkreise. Bei einer kostenlosen Leistung sei oft zu erwarten, dass sich der Empfänger in irgendeiner Weise erkenntlich zeigen werde. Dies könne dazu führen, dass etwa ein umworbener Apotheker – unsachlich beeinflusst – seinen Kunden die Produkte des zuwendenden Unternehmens empfehle. Die Revision wurde nicht zugelassen.

Oberlandesgericht Stuttgart, Urteil vom 22.02.2018 – 2 U 39/17
- veröffentlicht unter juris.de -

 

DocMorris im Streit um den Betrieb einer Arzneimittelabgabestelle erneut unterlegen

Auf mehrere Klagen hin hat das Landgericht Mosbach es der niederländischen Betreiberin des Medikamentenversandhandels DocMorris untersagt, apothekenpflichtige und/oder verschreibungspflichtige Arzneimittel in einer Arzneimittelabgabestelle an Patienten abzugeben. Dies soll zumindest dann gelten, wenn sich die Arzneimittel bei Initiierung des Abgabevorgangs nicht in Räumen befinden, die von einer Apothekenbetriebserlaubnis umfasst sind. Im Übrigen wurde Beklagten verboten, apothekenpflichtige Arzneimittel in Deutschland zu lagern, um diese über die Arzneimittelabgabestelle im baden-württembergischen Hüffenhardt an Kunden abzugeben.

Zur Begründung führte das Gericht aus, die von DocMorris praktizierte Abgabe von Arzneimitteln sowie deren Lagerung verstoße gegen das Arzneimittelgesetz und sei damit auch wettbewerbswidrig. Zulässig sei nur die Arzneimittelabgabe in einer Apotheke oder mittels Versandhandels durch eine Apotheke. Beides liege bei der Arzneimittelabgabestelle in Hüffenhardt nicht vor. Allein der Umstand, dass die Arzneimittel nach einer Videoschaltung zur Abgabe freigegeben würden, mache deren Abgabe nicht zum Versandhandel. Vielmehr erfolge hier eine Arzneimittelabholung von dem Ort, an dem die Medikamente gelagert seien. So bestimme der Kunde hier auch nicht, wohin die Ware zu liefern sei. Die Abgabestelle sei mit einer reinen Abholstation nicht vergleichbar, da der Kunde in Hüffenhardt Medikamente erwerbe. Die Arzneimittel würden also nicht lediglich nach einem Kauf an ihn nach Hüffenhardt geliefert.

Zur Unterlassung verurteilt wurde ebenso die Mieterin der Räume, in denen sich die Arzneimittelabgabestelle befindet, weil sie die rechtswidrige Abgabe und Lagerung von Arzneimitteln im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit DocMorris praktiziert habe.

Landgericht Mosbach, Urteile vom 15.02.2018 – 4 O 37/17, 4 O 39/17, 3 O 9/17, 3 O 10/17, 3 O 11/17
- bisher nicht veröffentlicht -

 

 

2. Aktuelles

 

Morbus Wilson im Rahmen der ASV behandelbar

Patienten mit Morbus Wilson können künftig im Rahmen der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) behandelt werden. Der G-BA hat am 16.03.2018 die erkrankungsspezifischen Anforderungen für das Leistungsangebot beschlossen. Bei Morbus Wilson handelt es sich um eine selten auftretende Erkrankung, bei der die Kupferausscheidung über die Gallenwege vermindert ist. Unbehandelt führt sie aufgrund der toxisch wirkenden Kupferanreicherungen im Körper zu Leberzirrhose und weiteren Organschäden. 

Im ASV-Kernteam zur Behandlung von Patienten mit Morbus Wilson müssen Fachärzte für Innere Medizin und Gastroenterologie sowie für Neurologie vertreten sein. Sofern Kinder und Jugendliche behandelt werden, ist zusätzlich eine entsprechende pädiatrische Expertise in das Team zu integrieren. Mit Inkrafttreten der Regelungen können ASV-Teams den zuständigen Landesbehörden ihre Teilnahme an der ASV anzeigen.

Die Beschlüsse treten nach Nichtbeanstandung durch das Bundesministerium für Gesundheit und Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

 

Psychotherapeuten können Reha und Soziotherapie verordnen

Psychologische Psychotherapeuten sowie Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können vom 01.04.2018 an Leistungen zur Verordnung von medizinischer Rehabilitation und Soziotherapie extrabudgetär abrechnen. Darauf haben sich die KBV und der GKV-Spitzenverband im Bewertungsausschuss geeinigt.

Nach dem Beschluss des Bewertungsausschusses erhalten Psychotherapeuten für die Erst- und Folgeverordnung einer Soziotherapie jeweils 17,90 € (168 Punkte). Um die Leistung abrechnen zu können, benötigen sie eine Genehmigung ihrer KV. Die Folgeverordnung wird über die GOP 30811 abgerechnet.

Die Verordnung einer Rehabilitation wird bei bestimmten Diagnosen mit 32,18 € (302 Punkte) vergütet. Die Abrechnung erfolgt über die GOP 01611. Reha-Leistungen, für die die Rentenversicherung zuständig ist und die Kosten übernimmt, dürfen weiterhin nicht verordnet werden. 

Beschluss: https://goo.gl/JUnmGe
Gründe: https://goo.gl/1F8xin

 

 

3. Sonstiges

 

Eine Stellenanzeige der Kanzlei Dr. Halbe Rechtsanwälte lautet:

Zur Verstärkung unseres Teams in Köln suchen wir eine(n) hochqualifizierte(n)

Rechtsanwältin/Rechtsanwalt. 

DR. HALBE RECHTSANWÄLTE ist eine medizinrechtlich spezialisierte und bundesweit tätige Kanzlei, für die an den Standorten Köln und Berlin derzeit siebzehn Berufsträger tätig sind. Wir beraten und vertreten u.a. Klinikträger, Medizinische Versorgungszentren, Ärztehäuser, niedergelassene Ärzte und Zahnärzte, Apotheker, Reha-Einrichtungen, Berufsverbände und Industrieunternehmen in allen Fragen, die das Gesundheits- und Medizinrecht betreffen. 

Wir suchen Kollegen/-innen idealerweise mit Berufserfahrung, insbesondere in den Bereichen Krankenhausrecht, Vertragsarztrecht sowie Gesellschaftsrecht. Bewerber/-innen sollen überdurchschnittliche Examina und nach Möglichkeit einen abgeschlossenen Fachanwaltslehrgang oder sonstige Zusatzqualifikationen aufweisen. Wichtig sind uns Engagement und Kreativität, ein überzeugendes Auftreten sowie die Fähigkeit, im Team zu arbeiten.

Wir freuen uns auf Ihre schriftliche Bewerbung unter Angabe Ihrer Gehaltsvorstellungen sowie des möglichen Eintrittstermins.

Bitte richten Sie diese auf dem Postweg an

Herrn Rechtsanwalt Rothfuß
- persönlich/vertraulich -
DR. HALBE RECHTSANWÄLTE
Im Mediapark 6A
50670 Köln

oder per E-Mail:
rothfuss@medizin-recht.com

  

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ROLAND ProzessFinanz AG
Frau Dr. Elena Albrecht
Deutz-Kalker Str. 46, 50679 Köln
Telefon: 0221 8277-2205
personal@roland-prozessfinanz.de
www.roland-prozessfinanz.de

 

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Fax 030 – 72 61 52 – 190

V.i.S.d.P.: Rechtsanwalt Tim Hesse, Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht

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