2018-02


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

anliegend übersenden wir Ihnen den Newsletter 2018-02.

 

1. Urteile aus dem Medizinrecht

 

Patientin erstreitet Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 35.000 € 

Wählt der Arzt eine Neulandmethode, hat er den Patienten über diesen Umstand sowie über die alternativen Behandlungsmethoden aufzuklären. Es bedarf einer besonderen Aufklärung über die Neulandmethode, wenn diese noch keine Standardmethode darstellt. Bei einem neuen Operationsverfahren (Netzimplantat bei Senkungsoperation wegen Harninkontinenz) ist die Patientin ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass unbekannte Komplikationen auftreten können.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 23.01.2018 – 26 U 76/17
https://goo.gl/9vVE4n

  

Berufung gegen Haftungsurteil erfolgreich

Zur Abklärung eines unklaren Herdbefundes in der Brust einer Patientin darf ein behandelnder Arzt zu einer Exzision mittels einer offenen Biopsie raten, wenn diese gegenüber einer ebenfalls in Betracht kommenden Stanzbiopsie die größere diagnostische Sicherheit bietet und zugleich als therapeutischer Eingriff in Betracht kommt.

Die nach einer derartigen ärztlichen Aufklärung erteilte Einwilligung der Patientin sei wirksam und rechtfertige den mit einer offenen Biopsie durchgeführten ärztlichen Eingriff, entschied das Oberlandesgericht und änderte ein Urteil auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe 8.000 € ab; die Klage wurde abgewiesen.

Oberlandesgericht Hamm, Urteil vom 09.01.2018 – 26 U 21/17
https://goo.gl/6ht44p

 

Haftungsklage gegen Zahnarzt abgewiesen

Aufklärungsmängel und Behandlungsfehler stellen unterschiedliche Streitgegenstände dar. Ein haftungsrechtlicher Zurechnungszusammenhang fehlt, wo die verletzte Aufklärungspflicht nicht die Verhinderung des konkret eingetretenen Schadens im Blick hat. Bei der gleichzeitigen Extraktion mehrerer Zähne liegt kein Zurechnungszusammenhang vor, wenn feststeht, dass Folgeschäden in gleicher Weise auch bei einem mehrzeitigen Vorgehen aufgetreten wären.

Oberlandesgericht Dresden, Beschluss vom 16.10.2017 – 4 U 1081/17
https://arge-medizinrecht.de/wp-content/uploads/2018/02/beschluss-olg-dresden-4-U-1081-17.pdf

 

Implantatbehandlung: Einheilzeit von drei bis sechs Monaten keine schuldhafte Verzögerung

Bei der zahnärztlichen Versorgung einer Patientin mit Implantaten ist eine gewisse Einheilzeit zu berücksichtigen, die sich im Bereich von drei bis sechs Monaten bewegt. Wird die Behandlung in diesem Zeitraum abgeschlossen, ist keine schuldhafte Verzögerung und damit auch kein Behandlungsfehler festzustellen, weshalb eine Haftungsklage keinen Erfolg haben kann.

Landgericht Paderborn, Urteil vom 27.09.2017 – 4 0 329/16
http://files.vogel.de/infodienste/smfiledata/1/1/7/5/5/4/198476.pdf

 

Zur Bemessung des Erwerbsschadens eines Zahnarztes 

An die schwierige Darlegung der hypothetischen Entwicklung des Geschäftsbetriebs eines Selbständigen (hier: Zahnarzt) dürfen keine zu strengen Maßstäbe angelegt werden. Seine Klage auf Schadensersatz und Schmerzensgeld darf nicht wegen lückenhaften Vortrags zur Schadensentstehung und Schadenshöhe abgewiesen werden, solange greifbare Anhaltspunkte für eine Schadensschätzung vorhanden sind.

Im entschiedenen Fall waren mehrere Beklagte einem selbständigen Zahnarzt aufgrund eines Verkehrsunfalls dem Grunde nach uneingeschränkt zum Schadensersatz verpflichtet. Der Zahnarzt hatte bei dem Unfall unter anderem eine Verletzung am linken Handgelenk erlitten, die ihn bei seiner zahnärztlichen Tätigkeit dauerhaft beeinträchtigte. Mit seiner Klage nahm er die Beklagten auf Schmerzensgeld sowie für Verdienstausfall für Fehltage in Anspruch.

Auf die Revision des Klägers hat der BGH das Berufungsurteil insoweit aufgehoben, als zum Nachteil des Klägers erkannt worden ist und im Umfang der Aufhebung die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das OLG zurückverwiesen. Rechtsfehlerhaft habe das OLG angenommen, ein im Rahmen der Darlegungen zu § 252 S. 2 BGB, § 287 ZPO schlüssiger Vortrag des Geschädigten setze voraus, dass er einen deutlichen Rückgang gegenüber der vor dem Unfall erzielten Gewinne aufzeige. Anhand der Gewinnentwicklung hätte das OLG einen (Mindest-)Schaden schätzen können.

Das Berufungsgericht habe die von ihm festgestellten vorgetragenen konkreten Anhaltspunkte dafür, dass die erlittenen Verletzungen zu einem Gewinnrückgang geführt hatten, übergangen und die Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag deutlich überspannt. Es habe sich bei seiner Betrachtung zu Unrecht auf die beiden Jahre nach dem Unfallereignis beschränkt und die Entwicklungen, die sich danach ergeben haben, außer Acht gelassen.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 19.9.2017 – VI ZR 530/16
https://goo.gl/UbeUVk

 

Differenzierung und Quantifizierung von Zellen (Immunphänotypisierung) nach EBM-Ziffern 32520-32527 für Pathologen nicht fachfremd 

Bei der Prüfung der Fachgebietszugehörigkeit von Leistungen, für die eine Abrechnungsgenehmigung beantragt wird, ist auf die aktuelle Weiterbildungsordnung abzustellen. Die Teilnahme an einem Kolloquium (Fachgespräch) gemäß Nr. 6 des Anhangs zu Abschnitt E der Labor-Richtlinien ist für einen Facharzt für Pathologie ungeachtet seiner fachlichen Qualitäten zwingend.

Ein als angestellter Vertragsarzt tätiger Facharzt für Pathologie beantragte erweiternd die Genehmigung zur Durchführung und Abrechnung von speziellen Laboratoriumsuntersuchungen aus dem Abschnitt 32.3 EBM. Die Genehmigung wurde mit der Begründung verwehrt, dass die beantragten Leistungen als fachfremd anzusehen seien.

Die Klage auf Erteilung der Abrechnungsgenehmigung wurde abgewiesen. Zwar sei nach den Vorgaben der Weiterbildungsordnung keine Fachfremdheit der Zell-Untersuchung im Sinne der EBM-Ziffern 32520 ff. festzustellen. Der Antragsteller erfülle jedoch nicht die Voraussetzungen der Labor-Richtlinien. Vor diesem Hintergrund gab das Gericht dem Hilfsantrag statt und verurteilte die Beklagte, den Arzt zur Erlangung der notwendigen Qualifikation zu einem Kolloquium (Fachgespräch) gemäß Nr. 6 des Anhangs zu Abschnitt E der Labor-Richtlinien zuzulassen.

Sozialgericht Berlin, Urteil vom 31.01.2018 – S 83 KA 1134/16
https://goo.gl/o4QdZA

 

Neuropädiaterin darf ausnahmsweise auch Erwachsene behandeln

Ebenso wie Vertragsärzte dürfen auch ermächtigte Krankenhausärzte fachfremde Leistungen grundsätzlich nicht abrechnen. Erwachsene sind von der Behandlung durch Ärzte für Kinder- und Jugendmedizin grundsätzlich ausgeschlossen. Im Rahmen quartalsgleicher sachlich-rechnerischer Richtigstellungen wirken allerdings Vertrauensschutzgesichtspunkte zugunsten des Vertragsarztes, wenn die KV in Kenntnis aller Umstände längere Zeit die Erbringung bestimmter Leistungen geduldet hat und diese Leistungen dann später mit Verweis auf deren Fachfremdheit oder auf eine fehlende Abrechnungsgenehmigung von einer Vergütung ausschließt.

Daher hatte die Klage einer Krankenhausärztin mit Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Bereich Neuropädiatrie Erfolg. Der entschiedene Fall zeige die Nachteile bzw. Risiken einer strikten Orientierung an den gemäß der Weiterbildungsordnung definierten Fachgebietsgrenzen auf, so das Gericht. Die betroffenen Patienten mit schwerer Mehrfachbehinderung und dem Entwicklungsstand eines Kleinkindes liefen Gefahr, jedenfalls vorübergehend keinen bzw. keinen geeigneten (neurologischen) Behandler zu finden. Der Übergang von Kinder-Neurologen auf Erwachsenen-Neurologen funktioniere im betreffenden Raum nicht reibungslos. Zur Vermeidung von Versorgungslücken erscheine die Verwaltungspraxis, in Ausnahmefällen eine ambulante Behandlung von Patienten über das 18. Lebensjahr hinaus durch Kinderärzte zu ermöglichen, sinnvoll.

Die unberechtigte Leistungserbringung der Klägerin und deren Vergütung sei über einen Zeitraum von neun Quartalen wissentlich geduldet worden. Daher erweise sich die unerwartete erstmalige Absetzung von Behandlungsfällen über 18 Jahre alter Patienten als widersprüchlich. Die Klägerin habe auf die Fortsetzung der jahrelangen Abrechnungspraxis vertraut und auch vertrauen dürfen.

Sozialgericht München, Urteil vom 11.12.2017 – S 28 KA 615/15
https://goo.gl/1nBnGw

 

Abrechnungsausschluss nach Nr. 40100 EBM verfassungsrechtlich unbedenklich 

Gegen den im Rahmen der Neufassung der GOP 40100 des EBM-Ä zum 01.04.2009 hinzugefügten Abrechnungsausschluss bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere ist eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung auch durch die Anwendung des Ausschlusses auf sog. „Mischfälle“, in denen sowohl Leistungen des Allgemein- als auch des Speziallabors erbracht wurden, nicht erkennbar.

Im Bereich der Erbringung und Abrechnung von Laborleistungen wird zwischen Allgemeinlaborleistungen (Abschnitt 32.2 EBM-Ä) und Speziallaborleistungen (Abschnitt 32.3 EBM-Ä) unterschieden. Die Kostenpauschale 40100 „für Versandmaterial, Versandgefäße usw. sowie für die Versendung bzw. den Transport von Untersuchungsmaterial...“ wurde im Jahr 2009 dahingehend ergänzt, dass sie nur bei einer Erbringung von Speziallaborleistungen, nicht aber bei einer Erbringung von Allgemeinlaborleistungen abrechenbar ist.

Ein Vertragsarzt für Laboratoriums- und Transfusionsmedizin wandte sich erfolglos gegen die Anwendung dieser Regelung auf sog. „Mischfälle“. Die Einführung des Abrechnungsausschlusses war dem BVerfG zufolge zur Sicherung der finanziellen Stabilität der GKV sowie der hiermit verbundenen Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung sachlich gerechtfertigt. Es sollten Kosten in einem Bereich begrenzt werden, in dem sie zuvor durch eine vermehrte Abrechnung der GOP 40100 EBM-Ä gestiegen waren. Auf diese Entwicklung der vermehrten Abrechnung durfte der Normgeber reagieren und durch den Abrechnungsausschluss insbesondere auch einen Anreiz schaffen, dass demgegenüber Leistungen des Allgemeinlabors weiterhin kostengünstig in Laborgemeinschaften erbracht werden.

Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 29.11.2017 – 1 BvR 1784/16
https://goo.gl/qNB5sj

 

Arzneimittel-Preisfestsetzung: G-BA-Beschluss rechtswidrig 

Das LSG Berlin-Potsdam hat im Streit um die Preisfestsetzung für das neue Arzneimittel Constella mit dem Wirkstoff Linaclotid die Festsetzung eines Erstattungsbetrages durch die Schiedsstelle erneut aufgehoben. Gegenstand der Entscheidung ist die Klage eines pharmazeutischen Unternehmers gegen die Schiedsstelle nach § 130b SGB V (sog. „AMNOG-Verfahren“).

Das Medikament ist zugelassen zur symptomatischen Behandlung des mittelschweren bis schweren Reizdarmsyndroms bei Obstipation (RDS O) bei Erwachsenen. Der G-BA hat festgestellt, dass ein Zusatznutzen von Linaclotid gegenüber der zweckmäßigen Vergleichstherapie nicht belegt sei.

Nach Auffassung des Landessozialgerichts leidet der Beschluss unter Rechtsmängeln, die auch zur Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Schiedsspruches führen. Der G-BA habe nicht nachvollziehbar dargelegt, weshalb er die Psychotherapie als Vergleichstherapie für generell irrelevant ansehe. Ferner sei die Annahme, die ärztliche Beratung zur Ernährungsumstellung als Teil der Vergleichstherapie sei für die GKV nicht mit Kosten verbunden, nicht tragfähig. Es dürfe nicht einfach unterstellt werden, diese ärztlichen Bemühungen seien durchweg durch die sog. Grundpauschale abgedeckt. Entsprechendes gelte unabhängig von der Ernährungsberatung für die ärztlichen Dienste, die mit der Bekämpfung der Symptome des RDS-O verbunden sein können, beispielsweise für die (Notfall-)Verordnung von Abführmitteln. Die Revision zum BSG wurde zugelassen.

Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 25.01.2018 – L 1 KR 295/14 KL
http://www.lsg.berlin.brandenburg.de/media_fast/4417/l1kr295-14kl_Constella.pdf

 

Nach BGH-Urteil: Jameda gestaltet Geschäftsmodell um 

Der BGH hat erneut über die Datenspeicherung zur Vorhaltung einer Internet-Profilseite für das Arztsuch- und -bewertungsportal jameda.de entschieden. Dabei verpflichtete es die Portalbetreiberin, die Profilseite einer Ärztin vollständig zu löschen.

Eine niedergelassene Dermatologin und Allergologin wurde auf dem Portal jameda.de gegen ihren Willen ohne Bild, aber mit ihrem akademischen Grad, ihrem Namen, ihrer Fachrichtung und der Praxisanschrift im Rahmen eines „Basisprofils“ geführt. Bei Abruf ihres Profils erschienen im unteren Bereich weitere Ärzte desselben Fachbereichs aus der Umgebung ihrer Praxis mit Foto und Bewertungsnote. Bei diesen angezeigten Personen handelte es sich um solche Ärzte, die (im Gegensatz zu der Dermatologin) für die Optimierung ihres Portalprofils eine monatliche Zahlung an die Jameda GmbH leisteten.

Für diese Zahlungen blendete die Portalbetreiberin auf den Portalen nicht zahlender Ärzte die Profilbilder unmittelbarer Konkurrenten im örtlichen Umfeld mit Entfernungsangaben und Noten ein. Bei kostenpflichtig registrierten Ärzten erfolgte eine solche Anzeige nicht.

Die zum Teil schlecht bewertete Dermatologin verlangte zunächst erfolglos die vollständige Löschung ihres Profileintrags auf jameda.de. Erst vor dem BGH hatte ihre Klage Erfolg. Das Gericht erklärte die angegriffene Datenspeicherung für unzulässig. Grundsätzlich verwies es allerdings auf seine bisherige Rechtsprechung (Urteil vom 23.9.2014, Az. VI ZR 358/13), wonach die Aufnahme ärztlicher Daten in Internet-Bewertungsprofile auch gegen den Willen Betroffener zulässig ist. Die Jameda GmbH hat nach eigenen Angaben die beanstandete Werbung auf Nichtzahler-Profilen im Anschluss an die Urteilsverkündung eingestellt.

Bundesgerichtshof, Urteil vom 20.02.2018 – VI ZR 30/17
- bisher nicht veröffentlicht -

 

Kein Vergütungsanspruch eines Krankenhausträgers bei Verordnung ohne Unterschrift

Für die Arzneimittelversorgung gelten im Krankenhaus grundsätzlich keine von der vertragsärztlichen Versorgung abweichenden Maßstäbe. Deshalb bedarf es auch bei der Abgabe des Arzneimittels durch das Krankenhaus im Rahmen einer ambulanten Behandlung einer ärztlichen Verordnung. Sie dokumentiert, dass das Medikament als Sachleistung der GKV (§ 2 Abs. 2 SGB V) auf Kosten der Krankenkasse an den Versicherten abgegeben wird. Soweit die Arzneimittelabgabe durch ermächtigte Ärzte (§ 116 SGBV) erfolgte, nehmen diese im Umfang ihrer Ermächtigung an der vertragsärztlichen Versorgung teil (§ 95 Abs. 1 S. 1, Abs. 4 SGBV). Ferner gilt die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV). Danach muss die Verschreibung von der verschreibenden Person eigenhändig unterschrieben werden oder, bei Verschreibungen in elektronischer Form, eine qualifizierte elektronische Signatur enthalten (§ 2 Abs. 1 Nr. 10 AMVV). Schreibt außerdem ein Arzneimittelliefervertrag vor, dass der Arzt die Verordnung mit Unterschrift und Datum zu bestätigen hat, entsteht kein Vergütungsanspruch gegen die Krankenkasse, wenn das Arzneimittel ohne diese Bestätigung an den Versicherten abgegeben wird.

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.01.2018 – L 11 KR 3798/16
https://goo.gl/m6h879

 

Apotheken-Verkaufsraum darf (doch) videoüberwacht werden

Das OVG Saarlouis hat einem Apotheker nachträglich erlaubt, den Verkaufsraum seiner Apotheke während der Öffnungszeiten mit einer Videokamera zu überwachen. In der Apotheke war es offenbar durch Diebstähle regelmäßig zu erheblichen Warenverlusten gekommen. Deswegen hatte der Eigentümer und Betreiber drei Kameras im Verkaufsraum, eine Kamera in der Schleuse für die Medikamentenanlieferung und eine im Bereich des Betäubungsmittelschranks installiert.

Im Streit um die Zulässigkeit der Überwachungsmaßnahmen bekam der Apotheker vollumfänglich Recht. Das OVG hielt die Videoüberwachung des Verkaufsraums zum Schutz vor Warendiebstahl im Rahmen der Wahrnehmung des Hausrechts (§ 6b Abs. 1 Nr. 2 BDSG) und der Wahrnehmung berechtigter Interessen (§ 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG) für erforderlich. Angesichts eines außergewöhnlichen Warenschwunds (Lagerdifferenz in Höhe von ca. 44.000 Euro) sei ein objektiv begründbares Interesse des Apothekers an der Überwachung erkennbar. Die Intensität des Eingriffs in die Rechte der von den Kameras erfassten Personen hielt das OVG dagegen nicht für besonders hoch. Der Apotheker weise seine Kunden am Eingang auf die Überwachung hin. Beschäftigte des Apothekers hielten sich allenfalls kurzzeitig im Besucherbereich der Apotheke auf.

Oberverwaltungsgericht Saarlouis, Urteil vom 14.12.2017 – 2 A 662/17
https://goo.gl/T32xwS

 

 

2. Aktuelles

 

§ 203 StGB neu gefasst 

Am 9.11.2017 ist eine Änderung der strafrechtlichen Vorschriften zur ärztlichen Schweigepflicht in Kraft getreten. Das „Gesetz zur Neuregelung des Schutzes von Geheimnissen bei der Mitwirkung Dritter an der Berufsausübung schweigepflichtiger Personen“ erlaubt zwar nunmehr ausdrücklich die Offenbarung von Patientengeheimnissen gegenüber angestelltem Praxis- oder Klinikpersonal sowie gegenüber „sonstigen mitwirkenden Personen“, wie z.B. externen IT-Dienstleistern. Andererseits erweitert die neue Regelung die Strafbarkeit von Ärzten als Berufsgeheimnisträger: Unterlassen Ärzte es, ihre externen Dienstleister zur Geheimhaltung zu verpflichten, ist dies strafbar, wenn der Dienstleister einen Geheimnisverrat begeht.

Zum Gesetzestext:
https://goo.gl/RiKkjd

 

DMP für Asthma bronchiale ergänzt und spezifiziert

Mit Beschluss vom 17.11.2017 hat der G-BA das strukturierte Behandlungsprogramm (Disease-Management-Programm, DMP) für Patienten mit Asthma bronchiale ergänzt und spezifiziert. Die Neuregelung soll zum 01.04.2018 in Kraft treten.

Künftig können auch Kinder unter 5 Jahren im DMP behandelt werden. Ergänzt wurde ein strukturiertes Medikamentenmanagement für Patienten, die aufgrund mehrerer Erkrankungen dauerhaft mindestens fünf Arzneimittel einnehmen müssen, durch den behandelnden Arzt. Patienten sollen Zugang zu strukturierten, evaluierten und publizierten Tabakentwöhnungsprogrammen erhalten.

Neben der inhaltlichen Aktualisierung des DMP beschloss der G-BA auch eine Anpassung der Anforderungen an die Dokumentation der Befunde, der therapeutischen Maßnahmen und der Behandlungsergebnisse.

Das aktualisierte DMP Asthma bronchiale wird als weitere Anlage in die DMP-Anforderungen-Richtlinie aufgenommen. Die bisherigen Regelungen in der DMP-Richtlinie entfallen mit Inkrafttreten entsprechend. Die laufenden DMP-Verträge müssen innerhalb eines Jahres nach Inkrafttreten des Beschlusses an die neuen Anforderungen angepasst werden.

Beschlusstext und tragende Gründe:
https://www.g-ba.de/informationen/beschluesse/3149

 

Unfallversicherung: Gebühr für Überweisung wird weiterhin gezahlt

Zum 01.01.2018 ist der Vertrag Ärzte/Unfallversicherungsträger zwischen KBV und der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung geändert worden. Seitdem müssen Ärzte für die Überweisung eines Unfallverletzten an einen Durchgangsarzt, HNO-Arzt, Augen- oder Hautarzt kein Formular mehr ausfüllen. Doch auch nach dem Wegfall des Vordrucks F2900 kann die entsprechende Überweisungsgebühr dem Unfallversicherungsträger des Patienten gegenüber abgerechnet werden.

Die Vergütung erfolgt weiterhin über die Gebührennummer 145 der für die Unfallversicherung geltenden Gebührenordnung UV-GOÄ und beträgt derzeit 3,77 €. 

Vertrag gemäß  § 34 Abs. 3 SGB VII (Fassung ab 01.01.2018):
http://www.kbv.de/media/sp/Vertrag_Aerzte_Unfallversicherungstraeger.pdf

 

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Impressum

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