2018-01


Liebe Kolleginnen und Kollegen,

zunächst allen Mitgliedern der Arbeitsgemeinschaft Medizinrecht alles Gute und viel Erfolg für das Jahr 2018.

Anliegend übersenden wir Ihnen den Newsletter 2018-01.

 

1. Urteile aus dem Medizinrecht

 

Schmerzensgeld wegen unzureichender Ausstattung des Operateurs

Wer einen orthopädischen Eingriff vornimmt, muss dafür in ausreichendem Maße ausgestattet sein. Bei der operativen Entfernung einer verschraubten Radiusplatte nach einer Handgelenksfraktur ist damit zu rechnen, dass sich eine Schraube mit der Platte verbunden haben kann und dass dann spezielle Instrumente erforderlich sind, um die festsitzende Schraube zu lösen. 

Weil eine Operation wegen fehlenden Werkzeugs abgebrochen und später wiederholt werden musste, sprach das Gericht der Patientin in zweiter Instanz ein Schmerzensgeld in Höhe von 500 € zu. Einen Aufklärungsfehler konnte es nicht feststellen. Denn über die Tatsache, dass die Beklagten kein Werkzeug zur Verfügung hatten, mit denen sich schwer lösbare Schrauben entfernen lassen, war nicht aufzuklären. Es handelte sich insofern um einen Behandlungsfehler, über den nicht aufzuklären ist. Aufzuklären ist nur über Risiken, die sich auch bei Anwendung der gebotenen Sorgfalt oder bei fehlerfreier Durchführung des Eingriffs nicht mit Gewissheit ausschließen lassen. Über das Risiko, dass es beim Lösen der Schrauben zu Schwierigkeiten kommen kann, war ebenfalls nicht aufzuklären, da es sich um ein seltenes Risiko handelt.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.12.2017 – 7 U 90/15
https://goo.gl/kx5HjF

 

Entbindung ohne Belegarzt-Anerkennung stellt keinen Behandlungsfehler dar

Die Tatsache, dass ein niedergelassener Arzt in einem Krankenhaus eine Entbindung vornimmt, ohne dort über eine Anerkennung als Belegarzt zu verfügen, begründet allein noch keine Haftung für die Folgen der Behandlung.

Die Sozialkasse erbrachte Sozialleistungen für ein schwerbehindertes Kind, das im Jahr 1988 nach einer Risikoschwangerschaft unter Komplikationen entbunden wurde. Die Geburt führte ein niedergelassener Gynäkologe als ärztlicher Geburtshelfer in einer Klinik durch, ohne dass er dort als Belegarzt zugelassen war. Die Sozialkasse verlangte die Sozialleistungen aus abgetretenem Recht im Rahmen einer Haftungsklage von ihm zurück.

Dass der Beklagte über keine Anerkennung als Belegarzt verfügt hat, sei jedoch letztlich nur im Innenverhältnis des Beklagten zu den kassenärztlichen Vereinigungen für die Abrechnung und im Innenverhältnis zu der stationären Einrichtung von Bedeutung, so das Gericht. Der Beklagte hafte auch nicht deshalb, weil die Schwangere nicht über die fehlende Anerkennung als Belegarzt aufgeklärt wurde. Denn die Schwangere sei an dem Ort von dem Arzt entbunden worden, an dem und von dem sie entbunden werden wollte, sodass es am Pflichtwidrigkeitszusammenhang fehle.

Oberlandesgericht Karlsruhe, Urteil vom 06.12.2017 – 7 U 221/16
- veröffentlicht bei juris.de -

 

20.000 € Schmerzensgeld nach hausärztlichem Organisationsfehler

Es liegt ein grober Organisationsfehler vor, wenn nicht sichergestellt wird, dass bei der hausärztlichen Versorgung ein Laborbefund sowie die in der Praxis erhobene Blutsenkungsgeschwindigkeit auch ohne Patientenkontakt zur Kenntnis genommen, ausgewertet und erforderlichenfalls nach Kontaktaufnahme zum Patienten mit diesem besprochen werden.

Allein der Umstand, dass ein Patient einen Laborbefund persönlich in der Praxis abholt und damit ein Arzt-Patienten-Gespräch verhindert, begründet kein Mitverschulden im Sinne des § 254 Abs. 1 BGB.

Oberlandesgericht Koblenz, Hinweisbeschluss vom 25.09.2017 – 5 U 427/17

 

Haftungsklage nach Schulteroperation abgewiesen

Dem bloßen Bestreiten des Inhalts des Operationsberichts ist weder ein schlüssiger Behandlungsvorwurf zu entnehmen noch lassen sich allein hieraus Anhaltspunkte für beweisrechtliche Konsequenzen zugunsten des Patienten herleiten.

Die Bewertung, ob ein bestimmtes Vorgehen dem fachmedizinischen Standard entspricht, ist unter Hinzuziehung eines medizinischen Sachverständigen und nicht im Wege des Zeugenbeweises zu klären.

Bei der Würdigung zum Inhalt eines Aufklärungsgesprächs kann zu berücksichtigen sein, dass ein Arzt insbesondere für häufige Eingriffe routinierte Abläufe entwickeln und daher seine Aufklärungsübung schildern kann, während die Erinnerung des Patienten an das Aufklärungsgespräch in Anbetracht des meist erheblichen Zeitabstands und der nicht seltenen Aufregung während und im Vorfeld medizinischer Behandlungsmaßnahmen häufig getrübt ist.

Oberlandesgericht Koblenz, Urteil vom 28.06.2017 – 5 u 61/17

 

Kein Vergütungsanspruch nach Aufklärungsfehler eines Therapiezentrums

Eine Therapie zur Gewichtsabnahme mittels Vergabe von Spritzen zur subkutanen Injektion durch den Patienten stellt eine Heilbehandlung im Sinne des § 1 Heilpraktikergesetzes dar. Entsprechende Behandler sind zumindest analog an § 630c BGB gebunden. Ohne Aufklärung über die Inhaltsstoffe, Wirkungen und Nebenwirkungen der Injektion ist § 630c BGB verletzt. Die Vergabe von Spritzen zur subkutaner Injektion durch den Patienten ohne Aufklärung ist als Körperverletzung in mittelbarer Täterschaft zu werten.

Übergibt ein Therapiezentrum einer übergewichtigen Frau Spritzen mit unbekanntem Inhalt zur Selbstverabreichung unter die Haut, ist der Vertrag des Zentrums mit der Patientin wegen eines Verstoßes gegen das Heilpraktikergesetz nichtig mit der Folge, dass daraus keine Vergütungsansprüche des Therapiezentrums erwachsen.

Amtsgericht Saarbrücken, Urteil vom 08.11.2017 – 121 C 478/17 (09)
https://goo.gl/qqywKF

 

Regresspflicht kann auf Erben übergehen 

Verwaltungsverfahren zur Prüfung von Regressanträgen wegen unzulässiger Verordnung von Arzneimitteln sind nach dem Tod des Vertragsarztes unter Beteiligung des bzw. der Erben fortzusetzen.

Ein zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassener Internist hatte vor seinem Tod einer bei der Klägerin versicherten Patientin das Arzneimittel „Competact“ zur Behandlung von Diabetes Typ 2 verordnet. Die Klägerin hatte bei der beklagten Prüfungsstelle die Festsetzung von Regressen beantragt, weil das Präparat nach der Arzneimittel-Richtlinie (AM-RL) nicht verordnungsfähig sei. Die Beklagte hatte die Anträge mit mehreren Bescheiden abgelehnt. Da der Vertragsarzt verstorben sei, sei dessen Beteiligtenfähigkeit entfallen.

Hiergegen klagte die Versicherung erfolgreich. Nach Auffassung des Berufungsgerichts durfte die Prüfungsstelle die inhaltliche Bescheidung ihrer Regressanträge nicht unter Hinweis darauf ablehnen, dass der verordnende Vertragsarzt verstorben ist. Der Durchführung eines Verwaltungsverfahrens nach § 106 Abs. 2 S. 4 SGB V i.V.m. § 33 PrüfV stehe nicht entgegen, dass mit dem Tod des verordnenden Vertragsarztes ein notwendigerweise am Verfahren zu Beteiligender weggefallen ist. Es sei allgemein anerkannt, dass das Verwaltungsverfahren unter Heranziehung des Rechtsnachfolgers fortzusetzen ist, wenn die Rechtsposition, um die es geht, nach den Regeln des materiellen Rechts vererbt worden ist. Die umstrittene Ausgleichspflicht sei auf die Ehefrau und Alleinerbin des Arztes übergegangen.

Die Schadenersatzpflicht im Rahmen eines Arzneimittelregresses könne nicht nur vom Vertragsarzt, sondern auch von dessen Erben erfüllt werden. Die Betroffene habe die Möglichkeit, die Patientenunterlagen ihres verstorbenen Ehemannes einzusehen und sich daraus ggf. ergebende Entlastungsmomente mitzuteilen.

Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 08.11.2017 – L 3 KA 80/14
https://goo.gl/6AqiM3

 

Kein Grundrechtsverstoß durch Approbationsentziehung

1. § 5 Abs. 2 BÄO i.V.m. § 3 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 BÄO wird den Anforderungen an die Bestimmtheit gesetzlicher Ermächtigungen der Exekutive zur Vornahme von Verwaltungsakten gerecht. Die für die Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Unwürdigkeit maßgeblichen Gesichtspunkte lassen sich hinreichend aus dem Gesamtzusammenhang, insbesondere der dem Arzt zukommenden Aufgabe, der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes zu dienen (§ 1 Abs. 1 BÄO), sowie seinen berufsrechtlichen Pflichten entnehmen.

2. Der Widerruf einer Approbation stellt als Eingriff in die Berufswahlfreiheit hohe Anforderungen auf der Rechtfertigungsebene. Im Rahmen der Abwägung zwischen den grundrechtlichen Belangen des betroffenen Arztes und den Gemeinwohlbelangen, die seiner fortdauernden Approbation als Arzt entgegenstehen, kann auf das für die ordnungsgemäße ärztliche Aufgabenerfüllung unabdingbare Vertrauensverhältnis zwischen Arzt und Patient sowie das hiermit untrennbar verbundene, besonders gewichtige Schutzgut der Volksgesundheit abgestellt werden. Zu dessen Schutz steht eine subjektive Berufszulassungsschranke nicht außer Verhältnis.

Nach den Feststellungen des BVerfG begegnete die Rechtsanwendung im zu entscheidenden Fall eines wegen sexuellen Missbrauchs unter Ausnutzung eines Behandlungsverhältnisses rechtskräftig verurteilten Arztes keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Entziehung seiner Approbation erfolgte rechtmäßig, insbesondere ohne eine Verletzung des Grundrechts aus Art. 12 Abs. 1 GG. Die Verfassungsbeschwerde wurde nicht zur Entscheidung angenommen.

Bundesverfassungsgericht, Nichtannahmebeschluss vom 08.09.2017 – 1 BvR 1657/17
https://goo.gl/mcsYNT

 

Zahnärztliche Werbung für medizinisch nicht erforderliche Behandlung gebilligt

Im Rahmen seines Internetauftritts weist ein Zahnarzt beispielhaft darauf hin, dass bei ihm die Standardbehandlung für ein Bleaching (Behandlung in der Praxis) bereits ab 129 €, eine Homebehandlung (Schienen und Gel für das Homebleaching) ab 199 €, die Premiumbehandlung (Bleaching in der Praxis, professionelle Zahnreinigung) ab 179 € und eine sog. Deluxebehandlung ab 349 € zu erhalten seien. Daraufhin erhielt er eine berufsrechtliche Rüge samt Ordnungsgeld in Höhe von 500 € und eine Untersagungsverfügung in Bezug auf berufswidrige Werbung.

Die Klage des Zahnarztes gegen die zuständige Kammer auf Aufhebung der Verfügung hatte Erfolg. Die Angabe eines zu erwartenden Gesamtpreises für eine zahnärztliche Leistung auf Verlangen in einer Werbung ist nicht zu beanstanden, entschied das Gericht. Denn die Höhe des zu erwartenden Preises einer medizinisch nicht notwendigen, sondern lediglich kosmetischen zahnärztlichen Behandlung ist für den Patienten ein zentraler Bestandteil der beworbenen Leistung. Wer sich aus eigenem Antrieb über eine solche informieren möchte, ist in besonderem Maße auf dementsprechende Informationen angewiesen. Dies gilt umso mehr, wenn für die zahnärztliche

Behandlung entsprechende Gebührenpositionen in der GOZ nicht vorhanden sind. Auch unter mehreren anderen Gesichtspunkten konnte das Gericht keinen Verstoß gegen Berufsrecht erkennen.

Verwaltungsgericht Münster, Urteil vom 22.11.2017 – 5 K 4424/17
https://goo.gl/fRScFk

 

Angebot kostenloser „Eignungschecks“ durch Augenärzte unzulässig

Eine Augenklinik darf für eine operative Korrektur der Fehlsichtigkeit nicht mit einem kostenfreien Eignungscheck zum Thema refraktive Chirurgie und Korrektur der Fehlsichtigkeit mittels Lasik und Linsenbehandlung werben, wenn dabei der Eindruck erweckt wird, dass dieser von Ärzten durchgeführt wird. Dagegen ist die Durchführung eines solchen Checks zulässig, wenn er von sog. Patientenberatern durchgeführt wird.

Bei kostenlos durchgeführten Augenmessungen handelt es sich um geldwerte Vergünstigungen, also um Zuwendungen im Sinne des § 7 Abs. 1 HWG. Sofern sie von Ärzten durchgeführt werden, sind sie unzulässig. Das gleiche gilt für die Bewerbung, soweit der Eindruck entsteht, dass die Messungsdurchführung durch Ärzte erfolgt. Anders verhält es sich aber, wenn sog. Patientenberater den kostenlosen Eignungscheck durchführen. Dann handelt es sich um eine handelsübliche und damit zulässige Zuwendung. Denn der Verkehr ist seit Jahren daran gewöhnt, dass von zahlreichen Optikern kostenlose Augenmessungen angeboten und durchgeführt werden. 

Oberlandesgericht München, Urteil vom 09.11.2017 – 29 U 4850/16
https://goo.gl/BZ2e2e

  

Darf eine Zahnarztpraxis mit dem Begriff „Praxisklinik“ werben?

Eine Zahnarztpraxis wirbt im Internet mit der Bezeichnung „Praxisklinik“ für ihre Leistungen und wurde wegen der Verletzung wettbewerbsrechtlicher Vorschriften abgemahnt – zu Unrecht, wie gerichtlich entschieden wurde. Zwar fehle der Praxis des Zahnarztes die Möglichkeit, Patienten für einen längeren stationären Aufenthalt aufzunehmen. Das LG sah in der Verwendung des Begriffs „Praxisklinik“ dennoch keine Irreführung.

Der Durchschnittsverbraucher werde die angegriffene Werbung dahingehend verstehen, dass der Beklagte eine ambulante Einrichtung betreibt. Dies folge aus dem Begriffsteil „Praxis“. Dass in der Praxis operative Eingriffe vorgenommen werden, folge aus dem Begriffsteil „Klinik“. Zwar sei der Begriff „Klinik“ ursprünglich einmal synonym für ein Krankenhaus verwendet worden, sodass ein stationärer Aufenthalt vorausgesetzt wurde. Heute fallen jedoch nach Ansicht des Gerichts stationäre wie ambulante Einrichtungen unter den Klinikbegriff. Dies belege schon die Definition des Begriffs „Praxiskliniken“ in § 115 SGB V („Einrichtungen, in denen die Versicherten durch Zusammenarbeit mehrerer Vertragsärzte ambulant und stationär versorgt werden“). Im entschiedenen Fall sei dem Begriff „Klinik“ der Begriff „Praxis“ noch vorangestellt. Vergleichbar dem Begriff „Tagesklinik“ werde dem Verbraucher dadurch verdeutlicht, dass kein stationärer Aufenthalt gemeint sei.

Landgericht Essen, Urteil vom 08.11.2017 – 44 O 21/17
https://goo.gl/wavvL5
- Berufung anhängig -

 

Abweisung der Klage eines Orthopäden wegen Honorarkürzung bestätigt 

Vertragsärztliche Vergütungsbestimmungen des EBM (einschließlich in Bezug genommener OPS-Nrn. des Deutschen Instituts für Medizinische Dokumentation und Information – DIMDI) sind streng wortlautbezogen auszulegen. Der Leistungsinhalt einer Exzision i.S.d. GOP 31257 EBM i.V.m. OPS 5-_035.7 erfordert einen chirurgischen Eingriff mit Entfernung von Gewebe. Dieser Leistungsinhalt wird bei einer Radiofrequenzdenervierung nicht erbracht.

Der Kläger, Facharzt für Orthopädie mit Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung, wandte sich vor diesem Hintergrund erfolglos gegen eine im Wege der sachlich-rechnerischen Berichtigung verfügte Honorarkürzung um knapp 35.000 €. 

Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 25.10.2017 – L 5 KA 1619/16
https://goo.gl/6fDXJd

 

Zur Zulässigkeit von Ordnungsmaßnahmen gegen einen Heilpraktiker bei Anhaltspunkten für erhebliche Gesundheitsgefährdungen für seine Patienten 

Ohne Entzug der Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde darf einem Heilpraktiker die Tätigkeit nicht vorläufig untersagt werden.

Die Vorschriften des Gesetzes über den öffentlichen Gesundheitsdienst des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖGDG NRW) berechtigen nicht zu Maßnahmen gegen nichtakademische Heilberufe Ausübende, die eine Berechtigung bzw. Erlaubnis zur Ausübung dieser Tätigkeit besitzen. Für Maßnahmen, die an die berufliche Unzuverlässigkeit eines die Heilkunde Ausübenden, der nicht als Arzt bestallt ist, anknüpfen, ist § 7 Abs. 1 S. 1 Erste Durchführungsverordnung zum Gesetz über die berufsmäßige Ausübung der Heilkunde ohne Bestallung (Heilpraktikergesetz) – HeilprGDV 1 – einschlägig. Die Vorschrift spricht zwar von Rücknahme, geregelt ist aber die Aufhebung einer erteilten (ehemals rechtmäßigen) Erlaubnis wegen nachträglich eintretender Tatsachen, die die Versagung rechtfertigen und damit der Widerruf der Erlaubnis. 

Bietet die ordnungsbehördliche Generalklausel keine Rechtsgrundlage für weitergehende Vorsorgemaßnahmen in Fällen, in denen noch unklar ist, ob eine Gefahr überhaupt vorliegt, bedarf es einer gesonderten und ausdrücklichen Ermächtigungsgrundlage für derartige Maßnahmen. Eine solche existiert für die Überwachung der beruflichen Tätigkeit von Heilpraktikern im Gegensatz zu Ärzten nicht.

Verwaltungsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 12.10. 2017 – 7 L 2292/17
https://goo.gl/Y9o7uW

 

Ausübung der "CranioSacrale Therapie nach Upledger“ ohne Heilpraktiker-Zulassung möglich

Die Ausübung von Heilkunde unterfällt nur dann dem Heilpraktikervorbehalt nach § 1 HeilPrG, wenn von der Behandlung eine zumindest mittelbare Gesundheitsgefährdung ausgeht. Ob die Anwendung der Therapie selbst mit gesundheitlichen Gefahren verbunden ist, kann im Zivilprozess nur dann beurteilt werden, wenn der Kläger Anwendungsgebiete und Formen der Therapie im Einzelnen darlegt (im Streitfall verneint). Eine mittelbare Gesundheitsgefährdung kann sich grundsätzlich auch daraus ergeben, dass Patienten infolge der Therapie von einem Arztbesuch abgehalten werden; daran fehlt es jedoch, wenn die Anwendung der Therapie ausschließlich auf Grund ärztlicher Verordnung erfolgt.

Oberlandesgericht Frankfurt, Urteil vom 23.11.2017 – 6 U 140/17
https://goo.gl/mPJU6f

 

 

2. Aktuelles

 

Elektronischer Arztbrief: Vergütung bleibt bestehen

Die Richtlinie zur Übermittlung elektronischer Arztbriefe in der vertragsärztlichen Versorgung ist angepasst worden. eArztbriefe werden dem Versender und dem Empfänger über den 01.01.2018 hinaus wie bisher vergütet. Dies haben die Kassenärztliche Bundesvereinigung und der GKV-Spitzenverband beschlossen.

Die Regelungen zur Vergütung finden sich nun in der „Übergangsvereinbarung zur Abrechnung elektronischer Briefe in der vertragsärztlichen Versorgung für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2018 bis zur Verfügbarkeit von für die Übermittlung des elektronischen Briefes zugelassenen Diensten

nach § 291b Absatz 1e SGB V“ vom 14.12.2017, Anlage Nr. 7 zur sog. TI-Finanzierungsvereinbarung, die wiederum als Anlage 32 dem Bundesmantelvertrag-Ärzte beigefügt ist.

Notwendig geworden ist die neue Übergangsregelung, weil die speziellen Dienste zur Übermittlung der eArztbriefe in der Telematikinfrastruktur noch nicht wie ursprünglich geplant zur Verfügung stehen. Die Vergütungsvereinbarung endet spätestens am 30.06.2019 oder sobald die speziellen Dienste zur Verfügung stehen.

Zur Übergangsvereinbarung (Anlage 7 der Anlage 32 zum BMV-Ä):
https://goo.gl/NeFB5N

 

Kostennachweise für Laborgemeinschaften dauerhaft abgeschafft 

Die Kostennachweise für Laborgemeinschaften wurden zum 01.01.2018 nicht wieder in Kraft gesetzt und somit dauerhaft abgeschafft. Darauf haben sich KBV und GKV-Spitzenverband am 14.12.2017 geeinigt. Grund für die Abschaffung ist unter anderem die Laborreform, deren zahlreiche Änderungen zum 01.04.2018 in Kraft treten. Die Nachweispflicht war bereits seit 2014 bis Ende 2017 befristet ausgesetzt. Zuvor mussten Laborgemeinschaften den KVen Gewinn- und Verlustrechnungen über ihre im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechneten Leistungen vorlegen. Ein Steuerberater musste diese Angaben bestätigen. Die KVen prüften daraufhin, ob die abgerechneten Kosten plausibel und marktüblich waren.

Ehemals gültige Verfahrensrichtlinie:
https://goo.gl/Y9gMdN

 

Mindestmengenregelungen für stationäre Leistungen grundlegend überarbeitet

Der G-BA hat am 17.11.2017 eine Neufassung der Mindestmengenregelungen (Mm-R) für planbare komplexe stationäre Leistungen (wie zum Beispiel für die Versorgung von Frühgeborenen), bei denen die Qualität des Behandlungsergebnisses von der Menge der erbrachten Leistungen abhängig ist, sowie ein neues Kapitel zu Mindestmengen in seiner Verfahrensordnung beschlossen.

Bislang war die Einführung von Mindestmengen an den Nachweis einer Abhängigkeit der Behandlungsqualität von der erbrachten Leistungsmenge „in besonderem Maße“ gebunden. Die Unschärfe dieser Vorgabe führte zu zahlreichen Gerichtsprozessen und legte die Einführung von Mindestmengen faktisch lahm. Im Einklang mit der BSG-Rechtsprechung wurde im Rahmen des Krankenhausstrukturgesetzes (KHSG) daher die Formulierung „in besonderem Maße“ gestrichen.

Ein vollbeweisender Kausalzusammenhang zwischen Leistungsmenge und Ergebnisqualität ist ausdrücklich nicht erforderlich. Es muss jedoch eine Studienlage bestehen, die auf einen wahrscheinlichen Zusammenhang zwischen Menge und Qualität hinweist. Krankenhäuser, die eine festgelegte Mindestmenge voraussichtlich nicht erreichen, dürfen die entsprechenden Leistungen nicht erbringen. Dies war schon vor dem KHSG so, jedoch ohne konsequente Umsetzung.

Künftig muss der Krankenhausträger gegenüber den Krankenkassen jährlich darlegen, dass die erforderliche Mindestmenge im jeweils nächsten Kalenderjahr voraussichtlich erreicht wird; ansonsten besteht kein Vergütungsanspruch. Eine berechtigte mengenmäßige Erwartung liegt in der Regel dann vor, wenn das Krankenhaus im vorausgegangenen Kalenderjahr die maßgebliche Mindestmenge erreicht hat. Das Nähere zur Darlegung der Prognose einschließlich Ausnahmetatbeständen und Übergangsregelungen machte eine Neufassung der Mindestmengen-Regelung erforderlich. Auf Basis der Neuregelungen sollen in 2018 die Beratungen zu konkreten Mindestmengen wieder aufgenommen werden.

Der Änderungsbeschluss ist im Wesentlichen am 01.01.2018 in Kraft getreten. Der Beschluss zur Änderung der Verfahrensordnung tritt nach Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit und nach Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft. 

Beschluss und tragende Gründe:
https://goo.gl/Y7XQq3

 

Rheuma und urologische Tumoren neue ASV-Leistungen

Die ambulante spezialfachärztliche Versorgung (ASV) wird auf weitere Krankheitsbilder ausgeweitet. Künftig können in dem sektorenübergreifenden Versorgungsbereich auch Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen und urologischen Tumoren behandelt werden. Dies hat der G-BA am 21.12.2017 beschlossen.

Zu den rheumatologischen Erkrankungen hatte der G-BA bereits 2016 einen ersten Teil beschlossen – allerdings ohne die abschließende Auflistung der zum Behandlungsumfang gehörenden Leistungen, den sogenannten Appendix. Dieser wurde jetzt ergänzt. Erstmals dürfen Rheumatologen in der ASV Leistungen des Speziallabors durchführen. Alle Details sind in der Anlage 1.1b zur ASV-Richtlinie geregelt. Für die Indikation urologische Tumoren hat der G-BA die Details in Anlage 1.1a onkologische Erkrankungen Tumorgruppe 3 zur ASV-Richtlinie geregelt.

In den Anlagen wurde unter anderem festgelegt, aus welchen Fachrichtungen sich das behandelnde ASV-Team zusammensetzt, welche Ärzte bei Bedarf hinzugezogen werden können und welche Leistungen zum Behandlungsumfang gehören. Sobald die Beschlüsse im Bundesanzeiger veröffentlicht wurden, können interessierte ASV-Teams für die beiden neuen Krankheitsbilder ihre Teilnahme beim erweiterten Landesausschuss anzeigen.

Ergänzungsbeschluss bzgl. Anlage 1.1a (und tragende Gründe):
https://goo.gl/KUZrCF 

Ergänzungsbeschluss bzgl. Anlage 1.1b (und tragende Gründe):
https://goo.gl/ZDUHRs

 

Botoxbehandlung bei Blasenfunktionsstörung neue EBM-Leistung 

Nach einem Beschluss des Bewertungsausschusses vom 19.12.2017 wurde die Botoxbehandlung bei bestimmten Blasenfunktionsstörungen mit Wirkung zum 01.01.2018 als neue Leistung in den EBM aufgenommen. Die insgesamt fünf neuen GOP (26316/08312, 26317/08313 und Sachkostenpauschale GOP 40161) – sowie die bestehenden GOP 08311, 26310 und 26311 (Zystoskopien), die in derselben Sitzung mit den neuen GOP 08312 oder 26316 (neue Zuschläge) durchgeführt werden – werden außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet. Sie sind durch Urologen und Gynäkologen abrechenbar. 

Beschluss des Bewertungsausschusses:
https://goo.gl/iDUacZ

 

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